Thursday, December 13, 2018

Stellungnahme zum Angriff auf den antiimperialistischen Block auf der Demo des »Hamburger Bündnis gegen Rechts (HBgR)« am 07.November 2018

Am 07. November 2018 beteiligte sich unter dem Motto »Hinter dem Faschismus steht das
Kapital! Kampf dem Faschismus international!« ein antiimperialistischer Block an den Protesten
gegen die rechte »Merkel-muss-weg«-Kundgebung. Wegen seiner Positionen wurde er von
sogenannten Antideutschen mehrfach tätlich angegriffen, TeilnehmerInnen wurden unter
anderem als »Antisemiten« beschimpft. Der Anlass für das verbal und physisch aggressive
Verhalten war ein Transparent, das innerhalb des Blocks getragen wurde und die Aufschrift »Israel
erklärt sich per Gesetz zum Apartheidsstaat« trug. Schon kurz nach Beginn der Demonstration
starteten »Antideutsche« den ersten Versuch, das Transparent in ihre Gewalt zu bringen. Sie
wiederholten den Versuch mehrmals vergeblich. Während der Abschlusskundgebung kam es
mehrfach zu körperlichen Attacken gegen Mitglieder des Blocks.
Zu diesen Ereignissen veröffentlichte das »Hamburger Bündnis gegen Rechts (HBgR)« eine
Stellungnahme, in der es diese gewalttätigen Angriffe unerwähnt lässt und den
Antisemitismusvorwurf wiederholt. Seine Anschuldigung und die damit verbundene
Aufforderung, in Zukunft den »Protestveranstaltungen fernzubleiben«, begründet das HBgR
damit, dass, wer zwei Tage vor dem 80. Jahrestag der Pogromnacht den »Zufluchtsort von
Jüdinnen und Juden« kritisiere, »Antisemit« sei.
Hinter diesen Vorwürfen steht die grundfalsche, aber bei deutschen Nazi-GegnerInnen weit
verbreitete Gleichsetzung von Israelkritik und Antisemitismus. Wie israelische Linke zu Recht
bemerkt haben (s. die Erklärung »Kritik an israelischer Politik und Antisemitismus sind nicht das
Gleiche«), sind Israelkritik und Antisemitismus nicht dasselbe und dürfen nicht gleichgesetzt
werden. Auch nicht am Jahrestag der Pogromnacht, und auch nicht an allen anderen Tagen, an
denen sich in Deutschland antisemitische Verbrechen jähren. »Antideutsche« instrumentalisieren
das Leiden von Juden und Jüdinnen, um linke Kritik an Israels ultranationalistischer Regierung
mundtot zu machen. Objektiv ist ein solches Verhalten darauf ausgerichtet, dass die Besatzungsund
Kriegspolitik gegenüber den PalästinenserInnen und die Autorisierung der israelischen
Gesellschaft fortgesetzt werden kann, ohne dass sich international Widerstand dagegen regt. Mit
seiner Stellungnahme unterstützt das HBgR diese Position.
Konkret versuchen die »Antideutschen« und das HBgR Kritik am Nationalitätengesetz zu
unterbinden, mit dem die Mehrheit des israelischen Parlaments die palästinensische und andere
Minderheiten in Israel im Juli per Beschluss zu BürgerInnen zweiter Klasse erklärt hat.
Zudem ist Israel für viele, insbesondere progressive und linke Juden, Jüdinnen und Israelis (Peace
Now, Breaking the Silence, Anarchists Against the Wall, KriegsdienstverweigerInnen,
KommunistInnen – um nur einige zu nennen) kein sicherer Zufluchtsort. Viele Oppositionelle
verlassen Israel aufgrund ihrer politischen Überzeugungen. Unsere Solidarität gilt diesen und
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anderen GenossInnen, FreundInnen und fortschrittlichen Kräften, die gegen neoliberale Sozialund
Wirtschaftspolitik, staatlichen Rassismus und die autoritär-militaristische Kriegs- und
Besatzungspolitik der israelischen Staatsapparate kämpfen.
Wir verurteilen die Übergriffe gegen den antiimperialistischen Block und das Vorgehen der
AngreiferInnen, die mit ihrem Verhalten gezeigt haben, dass es ihnen wichtiger ist, linke
AntifaschistInnen und PalästinenserInnen zu attackieren, als gegen die (neue) Rechte zu kämpfen.
Wir lehnen die Positionierungen des HBgR, seine Unterstützung für »antideutsche« SchlägerInnen
und die Übernahme »antideutscher« Positionen ab.
Diese Entwicklungen sind allerdings wenig überraschend. Große Teile der deutschen Linken haben
sich über die letzten Jahrzehnte vom Kampf gegen den Faschismus als Form bürgerlicher
Herrschaft abgewendet. Dabei brauchen wir einen solchen vor dem Hintergrund der
erstarkenden (teils neofaschistischen) Rechten auf der ganzen Welt – zu denen nicht nur
Bolsonaro und Trump, Weidel, Strache, Orbán und Co gehören, sondern auch Netanjahu – im
Zuge der globalen Krise des Kapitalismus dringender denn je in der Nachkriegsgeschichte.
Stattdessen aber ist in der Bundesrepublik Antifaschismus weitgehend zu liberalem und
selektivem Anti-Nazi-Aktivismus verkommen. An die Stelle kapitalismuskritischer
Faschismusanalysen, internationaler Solidarität und des Kampfs gegen den wieder erstarkenden
deutschen Imperialismus sind bürgerliche Ideologiekritik, »Aufstand der Anständigen« und
Solidarität mit einer israelischen Rechtsregierung getreten. Alles drei ist mit der deutschen
Staatsräson problemlos kompatibel. Mit Antifaschismus hat das nichts mehr zu tun.
Politik gegen »Rechts« muss den Widerstand gegen Krieg, Faschismus und Kapitalismus endlich
wieder als untrennbare Einheit begreifen. Wer vom Faschismus redet, darf vom Kapitalismus
nicht schweigen. Für einen linken Antifaschismus!
Nie wieder Krieg!
Nie wieder Faschismus!
Hoch die internationale Solidarität!
Bündnis »Bildung ohne Bundeswehr (BoB)«
Bündnis gegen imperialistische Aggressionen
Gruppe ArbeiterInnenmacht (GAM)
No pasarán Hamburg
Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ) Hamburg
Zusammenhang Antiimperialistische Bewegung
& einzelne TeilnehmerInnen des antiimperialistischen Blocks