Wednesday, January 2, 2019

Palästinakomitee-Stuttgart Infobl@tt Dezember, 2018


Mark Lamont Hill hat mit dem Kommentar zum Internationalen Solidari­täts­­tag mit den PalästinenserInnen der notwendigen Diskussion um neue Perspektiven viel ­­Echo verschafft. Noch hat es die Lobby um Israel geschafft, ihm zu schaden, doch die Debatte ist längst laut und deutlich. Unter anderem sind die massive soziale Ungleichheit im Staat Israel und seine kolonial­en Ursachen Thema. Wir dokumentieren neben dem Artikel zu Mark Lamont Hill einen Beitrag zu Israels Landgesetzen, die dafür sorgen, dass 93% des Bodens für PalästinenserInnen mit israelischem Pass praktisch unzugänglich sind sowie einen weiteren zur Armut. Aus aktuellem Anlass haben wir einen Artikel von Jonathan Ofir auf mondoweiss übersetzt, der analysiert, warum Knesset-Wahlen keine neue Perspektive bringen und wie grundlegende israelische Gesetze Parlamentarismus in Israel einschränken und die Dominanz einer gesellschaftlichen Gruppe sichern. Die Journalistin Gaby Weber hat recherchiert, wie die BRD zu Israels Atombombe beitrug und wie wenig Skrupel israelische Politiker hatten, mit Pers­onen zusammen zu arbeiten, die tief in den deutschen Nazifaschismus verstrickt waren. Leider nur in Englisch existiert eine Studie von who profits, die über die Firmen informiert, die von der gigantischen 2. Mauer profitieren, die Israel derzeit um den Gazastreifen errichtet - ein Prototyp für weitere Sperranlagen dieser Art, der sich mit Sicherheit weiter an Mächte vermarkten lässt, die an brutaler Herr­schaftssicherung interessiert sind. Ansonsten freuen wir uns, ueber viele Erfolge der zivilgesellschaftlichen BDS-Bewegung zu informieren. Wir wünschen euch allen einen guten Start ins Jahr 2019.

Von Mark Lamont Hill bis zu den Quäkern – es ist keinerlei Kritik an Israel erlaubt. Das blockt wichtige Diskussionen
Jonathan Cook
Middle East Eye, Übersetzung Pako

Seit 30 Jahren begeht die UN am 29. November den Internationalen Tag der Solidarität mit dem palästinensischen Volk. Das Ereignis gewann selten Aufmerksamkeit in den etablierten Medien. Bis vor kurzem, als Marc Lamont Hill, ein prominenter US-amerikanischer Akademiker und politischer Kommentator von CNN, in einer Rede im UN-Hauptquartier ein Ende des Oslo-Modells gefordert hatte, wegen der offensichtlichen Perspektivlosigkeit. Eine Welle der Proteste v.a. von Gruppen der Israellobby folgte. CNN feuerte ihn, die Temple University hielt jedoch dem Druck Stand, ihn zu entlassen. Auf electronic intifada findet sich seine Rede auch mit Transkript.
Mark Lamont Hill während seiner Rede bei der UNO,
zum Tag der Internationalen Solidarität mit dem palästinensischen
 Volk  via youtube

Israel zwischen Neoliberalismus und Kolonialismus
Shir Hever
sozonline.de

Kolonialismus ist ein zentraler Motor für soziale Ungleicheit
shutterstock
Israel hat die zweith­­­­­­­­­oechste Armutsrate unter den OECD-Ländern. Und Ungleichheit und Armut sind in Israel in hohem Maß von Nationalität, Religion und Alter beeinflusst. Nach Erhebungen der Israelischen Nationalen Versicherungsagentur lag die Armutsrate bei den ultraorthodoxen Juden bei 45,1 Prozent, bei den palästinensischen Israelis bei 49,2 Prozent – das ist mehr als doppelt so viel wie im Durchschnitt der Bevölkerung. Shir Hever zeigt, dass die soziale Ungleichheit im Staat Israel infolge neoliberaler Politik wesentlich schneller gestiegen 
ist als anderswo. Er beschreibt auch, wie dies mit 
dem kolonialen Charakter der Gesellschaft 
zusammenhängt. 

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Wem gehört das Land? Landbesitz und Ungleichheit in Israel
Gadi Algazi
Rosa Luxemburg Stiftung, Tel Aviv

Das Dorf Dir-al-Kassi, welches zum jüdisch-israelischen Dorf Elkosh wurde, im Jahr 1949
GPO

Wie kam es dazu, dass heute der israelische Staat über etwa 93 Prozent des Grundbesitzes verfügt, während im Jahr 1948 nur circa 7 Prozent des Lands in jüdischem Besitz waren? Welche Rolle spielt dabei der Jüdische Nationalfonds? Wie werden die aus der Landnahme gewonnenen Ressourcen verteilt? Gadi Algazi zeigt in einem hervorragend recherchierten Beitrag, wie die Aneignung des Landes der palästinensischen Flüchtlinge funktionierte und wie grundlegende Gesetze im Staat Israel die Diskriminierung sichern. So entsteht in dem zentralen Bereich der Verfügung über den Boden auch eine extreme gesellschaftliche Ungleichheit. 

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Israels Oppositionspolitiker sehen eine „Revolution“ bei den
nächsten Wahlen – Einspruch eines "Spielverderbers"
Jonathan Ofir mondoweiss.net, Übersetzung Pako

Tzipi Livni spricht im Institut für Nationale Sicherheitsstudien, Tel Aviv, im Oktober 2018
mondoweiss

Aus aktuellem Anlass, den vorgezogenen Neuwahlen in Israel, dokumentieren wir Jonathan Ofirs Kommentar auf mondoweiss in deutscher Übersetzung. Jonathan Ofir zeigt, dass liberalere zionistische Parteien keine Perspektive für die tiefgreifenden Probleme im Staat Israel einschließlich der 1967 besetzten Gebiete liefern koennen. Und er zeigt eine der Ursachen: Auch das parlamentarische System, das den PalästinenserInnen mit israelischem Pass aktives und passives Wahlrecht zugesteht, ist extrem eingeschränkt und mit grundlegenden Gesetzen auf die Diskriminierung der PalästinenserInnen zugeschnitten. Ein Antrag auf Gleichberechtigung ist erst vor kurzem in der Knesset abgewiesen und gar nicht erst diskutiert worden.
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Israels Atombombe - Aus dem Nazi-Schoß gekrochen?
Gaby Weber
Ein Film von Gaby Weber

1960: Adenauer trifft Ben-Gurion
Bildschimraufnahme
aus Gaby Webers Film

Am 13. Dezember 1960 alarmierte die Time die Weltöffentlichkeit: Israel baue heimlich an der Atombombe. Die Aufregung war groß, niemand wollte etwas gewusst haben. Auch die erst drei Jahre zuvor gegründete Internationale Atomenergie-Organisation hüllte sich in Schweigen. Das tut sie bis heute. Systematisch wurden die Öffentlichkeit und die Parlamente belogen. Die Wahrheit ist: Schon 1960 wussten die westlichen Regierungen Bescheid. Sie hatten den Bau abgenickt und unterstützt. Die israelischen Atombombe war mit deutschem Geld und deutscher Technologie entstanden, einer Technologie, die im Auftrag des Führers am Kaiser-Wilhelm-Institut entwickelt und patentiert worden war...
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Warum Esther Bejerano, die Auschwitz überlebte, BDS unterstützt
Addri Nieuwhof
electronicintifada.net, Übersetzung Pako

Esther Bejerano
youtube.com

Die Diskussion der Opposition ist laut und deutich. Wir sind glücklich, dass sich Esther Bejarano zu Wort gemeldet hat. Die Musikerin und Schrift­stellerin Esther Bejarano überlebte Ausschwitz, engagierte sich in der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes—Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten und im Internationalen Auschwitz-Komitee. Als sie 15 war, wurde sie von ihren Eltern in ein zionistisches Lager geschickt, um sich auf die Auswanderung nach Palästina vorzubereiten. Doch 1941 wurden alle Lehrer und Schüler von der SS verhaftet und in ein Arbeitslager bei Berlin verlegt. Bejarano wurde nach Auschwitz Polen geschickt. Wir haben einen Beitrag über Esther auf electronic intifada ins Deutsche übersetzt.

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Niederlage für die Israel-Lobby, Sieg für Meinungsfreiheit und Palästina-Solidarität
Tisteso Magama
bdssouthafrica.com, Übersetzung Pako


bdssouthafricaa.com

"Die Menschenrechts- und Palästina-Solidaritäts-organisation BDS Südafrika begrüßt, zusammen mit anderen fortschrittlichen Organisationen und Gewerkschaften, das Urteil des Obersten Berufungsgerichtshofs Südafrikas, das den Kongress der Südafrikanischen Gewerkschaften (COSATU) und seinen Sekretär für internationale Beziehungen von falschen Beschuldigungen des Antisemitismus und der Hetze freigesprochen hat. Dies ist ein Sieg der Meinungsfreiheit, der Palästina-Solidarität und ein Schlag gegen die israelische Lobby". Wir dokumentieren den Artikel, der auch zeigt, wie rassistisch die südafrikanische Israellobby bei ihren Attacken gegen den Gewerkschafter vorgegangen ist.
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Stadt Oldenburg akzeptiert Urteil im Streit mit BDS
Christoph Kiefer
nwzonline.de

Auszug aus der Urteilsbegründung

Die Stadt akzeptiert das Urteil des Verwaltungs­gericht im Streit mit der israel-kritischen Initiative BDS. Das bestätigte ein Sprecher der Verwaltung nach Ablauf der Frist für eine Berufung. Damit ist das Urteil vom September rechtskräftig (Az.: 3 A 3012/16).
Das Verwaltungsgericht Oldenburg hatte einer Klage der BDS („Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen“) gegen die Stadtverwaltung stattgegeben. Die Stadt hatte im Mai 2016 dem Oldenburger BDS-Aktivisten Christoph Glanz einen Raum für eine Veranstaltung im Kulturzentrum PFL zunächst zugesagt, die Zusage kurz darauf aber wieder zurückgezogen...Link zum Urteil:
https://www.ol4p.org/blog/das-oldenburger-bds-urteil-im-wortlaut
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Bergisch Gladbach will keinen Anti-BDS-Beschluss
NRW.direkt
NRW.direkt



Als der Landtag im September einen einstimmigen Beschluss gegen die als antisemitisch eingestufte BDS-Bewegung fasste, wurden die Kommunen aufgefordert, dem zu folgen. In Bergisch Gladbach aber stimmte der Stadtrat in dieser Woche gegen einen entsprechenden Beschluss...
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Chilenischer Kongress beschließt Verbot von Produkten aus illegalen israelischen Siedlungen
BNC
BNC, Übersetzung Pako

Mitglieder des chilenischen Kongresses
BNC
9. November 2018: Mit überwältigender Mehrheit verabschiedete der chilenische Nationalkongress eine Resolution, in der die Regierung aufgefordert wurde, "die Einfuhr von Produkten zu verbieten, die von israelischen Kolonien im besetzten palästinensischen Gebiet hergestellt und stammen". Die Resolution wurde mit 99 Ja-Stimmen und nur 7 Nein-Stimmen verabschiedet...
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Der irische Seanad verabschiedet „historisches“ Gesetz, um den Verkauf von Waren aus den besetzten Gebieten zu verbieten
Marie O'Halloran
irishtimes.com, Übersetzung Pako

Nach der Abstimmung:
Senator Frances Black (Mitte)
mit MitarbeiterInnen und UnterstützerInnen
sadaka.ie
Der Seanad hat Gesetze verabschiedet, welche die Einfuhr oder den Verkauf von Waren oder Dienstleistung-en aus Siedlungen verbieten, die von den Vereinten Nationen und der Europäischen Union als illegal verurteilt wurden. Es gab anhaltenden Applaus und stehende Ovationen von Oppositionssenatoren, als das „Gesetz zur Kontrolle der Wirtschaftstätigkeit in besetzten Gebieten“ ohne Abstimmung angenommen wurde, was die unabhängige Senatorin Frances Black, die sich für die Gesetzgebung einsetzte, als „historisch“ bezeichnete...
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Bestätigung des rassistischen Charakters Israels
Haaretz Editorial
der-semit.de

Innenminister Arye Deri:






Sein Ministerium unterstützt den Stadtrat von Afula in seiner rassistischen Politik
wikipedia
Israel hat eine lange Geschichte der Ausgrenzung, Diskriminierung und Engstirnigkeit – bei der Zuweisung von Grund und Boden und anderen Ressourcen, bei der Verteilung der Bevölkerung im ganzen Land und bei der Selektion von Wohnungssuchenden [durch kommunale Gremien] – nicht nur gegenüber der arabischen Minderheit, sondern auch gegenüber den Mizrahim [orientalischen Juden] und anderen Gruppen...
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Schwere Vorwürfe aus Israel
Jannis Hagmann
taz.de

Das neue inamo-Heft befasst sich u.a. mit der Ausstellung Welcome to Jerusalem, die im Jüdischen Museum in Berlin gezeigt wird. Erhältlich unter: inamo.de

Die Bundesregierung ist aus Israel aufgefordert worden, die Unterstützung für Dutzende Menschenrechtsorganisationen zu überdenken. Die Bundesregierung müsse „eine Überprüfung ihrer Finanzierungsrichtlinien“ vornehmen, heißt es im Schreiben an die Regierung, das der taz vorliegt. Neben politischen Stiftungen, kirchlichen Hilfsorganisationen und ihren Partnern in Israel und Palästina betrifft die Beschwerde „Anti-Israel-Aktivitäten“ des Jüdischen Museums in Berlin sowie die Förderung von Filmen von vermeintlichen Unterstützern der Boykottbewegung BDS (s.u.). Gegen den Vorstoß haben sich bereits mehrere israelische Künstler, u.a. Micha Ullman, Stuttgart, siehe dazu Junge Welt,28.12.18, "Abgeschrieben".
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Israelische Soldaten erschießen hinterrücks behinderten Palästinenser
palaestina-nachrichten.de
palaestina-nachrichten.de

Mohammed Habali, aufgenommen von einer Überwachungskamera in Tulkarem
palaestina-nachrichten.de


Israelische Soldaten haben in der Stadt Tulkarem in der Westbank am Dienstag [03.12.18] einen 22jährigen behinderten Palästinenser hinterrücks erschossen. Der Mann war unbewaffnet und friedlich, wie die Videoaufnahme einer Über­wachungskamera zeigt, welche die Erschießung aufgezeichnet hat. Der Erschießung voran­gegangen war eine der berüchtigten Razzien der israelischen Armee, bei der schwerbewaffnete Soldaten nachts in einen Ort eindringen, Haustüren einschlagen und palästinensische Bewohner, auch Frauen und Kinder, aus den Betten zerren und stundenlang festhalten und bedrohen...

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Unmut über Israel ist nicht Antisemitismus
Michelle Goldberg
bibjetzt, Original, nytimes.com


Latuff
Letzte Woche gingen die Ergebnisse einer EU-Studie zum Antisemitismus durch die Medien. Demnach fühlen sich Juden viel mehr angegriffen als bisher bekannt. Zwei Gründe für diesen Widerspruch zu bisher Bekanntem sind: Die Studie war nicht repräsentativ, vielmehr konnte teilnehmen wer wollte. Zum anderen überließ es die Studie den Befragten selbst, Ereignisse als antisemitisch einzuordnen. Der Verdacht liegt nahe, dass daher viele Teilnehmende Unmut über Israel als Ausdruck von Antisemitismus werteten; denn der Unterschied zwischen diesen Einstellungen wird heute vielfach vernebelt...
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Auch tief unter Wasser: Neue Mauern erdrücken Gaza
whoprofits.org
whoprofits.org

Baufirmen profitieren von der Belagerung des Gazastreifens und
dem Bau der Sperranlagen
whoprofits.org


Israel errichtete die erste Mauer um den Gaza­streifen von 1994 bis 2005. Seit dem Jahr 2017 laufen die Arbeiten an einer zweiten mit einer oberirdischen Sperranlage, einer 10-Meter-Mauer unter der Erde und einer weiteren bis tief unter dem Meeresspiegel. Wenn die Sperranlage 2019 fertig ist, wird sie sich über etwa 60 Kilometer erstrecken und mit High-Tech-Überwachung ausgestattet sein, die auch dazu dient, Informationen über die Palästinenser im Gazastreifen zu sammeln. Die Initiative who profis, die den flash report in English erstellt hat, auf den wir verlinken, verweist darauf, dass auch dies ein Prototyp für weitere Sperranlagen dieser Art sein wird, von dem die beteiligten Firmen in Zukunft verdienen.
Link zum Report (engl.)

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