Wir (Dem Volke Dioenen) dokumentieren hier eine inoffizielle Übersetzung eines
Beitrags der Genossen des Vereins der neuen Demokratie Peru, sowie eine
inoffizielle Übersetzung von Ausschnitten des Dokuments der Kommunistischen
Partei Perus „Damit das strategische Gleichgewicht im Land weiter bleibt!“ aus
dem August 1991 sowie das Dokument „Über den Staat“ von Lenin aus dem Juli
1919.
Wir dokumentieren hier einen Text des Vorsitzenden Gonzalo
zu einigen Fragen ÜBER DEN STAAT” aus dem Dokument der KPP: „WIE DAS
STRATEGISCHE GLEICHGEWICHT DAS LAND WEITER SCHÜTTELT!“, Peru, August 1991 und
danach Lenins wichtigen Text über den Staat.
Heute ist es notwendiger den je diese Texte zu studieren und
sie anzuwenden um die Revolution zu machen, indem die allgemeine
konterrevolutionäre Offensive bekämpft und der Opportunismus und Revisionismus
bekämpft wird, in solch einer wichtigen Frage, was keine andere als die der
Macht ist: die „fordert von uns zu verstehen, dass es der Staat ist, den alten
Staat zu zerstören, den Neuen Staat voranzutreiben, die Diktatur des
Proletariats zu errichten und damit die Welt umzuwandeln (Demokratie für das
Volk, Diktatur für die gestürzten Ausbeuter) und in Richtung des Kommunismus zu
marschieren“, wie der Vorsitzende Gonzalo uns sagt.
Mit dem Gonzalodenken bewaffnet zielen wir darauf den
Prozess der Reaktionarisierung des bürgerlichen Staats zu sehen, siehe Marx in
seinem achtzehnten Brumaire. Ein notwendiger Prozess, dem Gesetz entsprechend
der Entwicklung des bürgerlichen Staates unterworfen, heute noch mehr, im eher
langandauernden Moment des Hinwegfegens des Imperialismus von der Welt durch
den Volkskrieg, in der strategischen Offensive der Weltrevolution, in der
Periode der „50 bis 100 Jahre“ (Vorsitzender Mao). Die Revolution wurde die
hauptsächliche historische und geschichtliche Entwicklungständenz der heutigen Welt.
Auf der ganzen Welt gibt es eine revolutionäre Situation in ungleicher Entwicklung
und die neue große Welle der Weltrevolution, von der Reaktion angespornt,
entwickelt sich.
Der Imperialismus ist in seiner allgemeinen Krise und dies
umspannt alle seine Pläne. Die Revisionisten und Opportunisten wie Avakian, und
andere wiederholen es, leugnen diesen Prozess der Reaktionarisierung des
bürgerlichen Staates der mehr und mehr Macht in der Exekutive zentralisiert
„das Parlament, die Wahlen, das sind Marionetten, Drahtpuppen.“ (Lenin)
Mariátegui sagte sehr klar, die Krise des bürgerlichen Parlaments ist die Krise
der bürgerlichen Demokratie.
In den Vereinigten Staaten, der alleinigen hegemonialen
Supermacht, wie wir zuvor geschrieben haben, ist die Macht zunehmend im
Präsidenten, in der Exekutive zentralisiert, zum Nachteil des Parlaments usw.
Minister, Berater und alte Funktionäre sind Repräsentanten der bewaffneten
Streitkräfte und der Geheimdienste und der Handvoll von Monopolen die durch das
Finanzkapital generiert wurden, die nicht nur dort sondern auf der ganzen Welt
dominieren. Macht, die zum Militär und den Geheimdiensten verlagert wird, deren
höchsten Befehlshaber und Funktionäre diesen Monopolen als Berater, Manager
usw. angehören. Es kann nicht vergessen werden, dass die Yankee-Imperialisten
Krieg gegen das Proletariat und das Volk der Vereinigten Staaten (im Inneren)
und imperialistischen Aggressionskrieg und andere Formen von Einmischung auf
der ganzen Welt führen.
Dieser reaktionäre Prozess des bürgerlichen Staates,
entsprechend der spezifischen Bedingungen eines jeden Landes, kann als absolute
Zentralisierung der Macht zu präsidentiellem Absolutismus genommen werden, wie
es der Fall ist in den Vereinigten Staaten, die weitermachen mit dem Austausch
von reaktionären Funktionären der reaktionären völkermörderischen Regierung Obamas
mit denen der völkermörderischen Regierung des erzreaktionären Trump, wie wir
zuvor geschrieben haben. Reaktionärere chauvinistischere Rhetorik, mehr als
jeder andere seiner Art, wo Zutaten aller Art gefunden werden, inklusive
faschistischer, aber auf billigen und überflüssigen Wortschwall der Freiheiten
von Individuen und falscher anti-staat Propaganda. Was sehr leicht mit den
Reden von Trump und seiner Statisten belegt werden kann, inklusive der
ehemaligen Tea Party, über die sogenannte „Obamacare“, was sind seine „letzten
Gründe“? Dass der Staat zwingt, dass der Staat in die freie Wahl der
Versicherung der Bürger eingreift, was ein Paket ist das zusammen genommen
werden muss, usw. usw. Individuelle Initiative, freie individuelle Wahl, usw. -
auf der anderen Seite gab es in der Regierung des Bush Jr. keinen und auch in
dieser Regierung keinen Plan der Korporativierung, eine Körperschaft oder
Gesellschaftsorganisation zu bilden. Es gibt keine Debatte, die dem alten
verfallenen System der reaktionären bürgerlichen liberalen Repräsentation
entgegensteht, oder der Vertretung durch Innungen, Staat-Chefs-Arbeitern, usw.
Trump hat keine eigene Bewegung organisiert, wie zu sehen ist, ist er Teil der
Republikaner. Auch die ökonomischen Anträge dienen alle dazu, dem „Freien
Handel“ zu dienen, der Investition privater Monopole, sogar in der Investition
und Aufbau von Infrastruktur als antizyklischem Programm usw., und wir werden
uns damit beschäftigen. In der letzten Wahl war der Kandidat und jetzige
Präsident Trump ein Symbol und ein weiteres Zeichen der Tiefe der Krise in
welcher das imperialistische Land, welches die einzige hegemoniale Supermacht
ist, versunken ist. Er ist der Kopf der Yankee-Imperialistischen Regierung. Das
zeigt, wie der Yankee-Imperialismus unausweichlich niedergeht.
Um diesen materiellen Prozess zu leugnen, den Kampf für die
Diktatur des Proletariats und für den Sozialismus durch den Volkskrieg in den
Vereinigten Staaten zu leugnen, sagt Avakian einfach, Trumps Regierung ist
faschistisch, „Im Namen der Menschheit akzeptieren wir diese Regierung nicht“,
„Trump ist nicht unser Präsident“, „wir akzeptieren ihn nicht“. Teil dieses
Faschismus wäre die Sache eines reaktionäreren Individuums oder Individuuen.
Das ist Teil dieses antimarxistischen „postmodernen“ Denkens, das Avakian im
Kopf hat. Daher, laut ihm und anderen Opportunisten und Revisionisten, müssen
wir gegen Faschismus und nicht gegen die Diktatur der Bourgeoisie, nicht gegen
die bürgerliche Republik kämpfen, und wie? Durch „friedlichen Widerstand“ oder
„zivilen Ungehorsam“ wie durch seine Parolen gezeigt. Das führt zur
Verteidigung der vorherigen Regierung und für einen Regierungswechsel zu sein,
zumindest für ihn als die normalisierende Lösung, seine eigenen Worte nutzend.
Avakian und seine revisionistische Abart von Partei
(RCP-USA) stehen hinter der reaktionären bürgerlichen Demokratie und dem Sektor
der die sogenannte „Linke“ der Demokratischen Partei des Obama und Clinton
mobilisiert. Sie profitiert von Clinton und der vorherigen Regierung, dass sie
die Regierung übergeben haben. All das ist revisionistischer Müll. Dies
bestärkt die reaktionäre Manipulation der Massen für bürgerliche Politik, für
imperialistischen Krieg im Inland und Ausland, für imperialistischen
Chauvinismus. Für Avakian scheint es, dass nur Faschisten Chauvinisten sind,
das Obama nicht chauvinistisch war usw. Ob
Faschismus ist oder nicht, die Antwort dort und überall auf der Welt ist
die Revolution zu machen, und dazu müssen wir die Kommunistische Partei
konstituieren oder rekonstituieren und auf die heldenhaften Kämpfer zählen, den
Volkskrieg einzuleiten und zu entwickeln. Darauf reagiert Avakian und seine
Statisten mit mehr Wut als auf Trump. Und wir wissen, dass es Andere gibt, die
ohne ihren Kopf zu bewegen den „avakianischen Faschismus“ wiederholen. Der
Marxismus sagt ihnen, den Kopf zu bewegen und sie bewegen ihre Füße.
Avakian, Revisionisten und Opportunisten leugnen, dass Trump
die Fortführung der Obama Administration repräsentiert, logischerweise zu
schlechteren Bedingungen für den Yankee-Imperialismus, nach der Niederlage der
Regierung der Demokratischen Partei in ihrer reaktionären Aufgabe, die
notwendig sind für den Imperialismus. Wir werden weitermachen mit der
Fortführung dieser Politik in Bezug auf den Hauptwiderspruchs (Aggressionskrieg
gegen unterdrückte Länder) und den dritten Widerspruchs (Zuspitzung der
inner-imperialistischen Kämpfe – zwischen Supermächten und Mächten). Dann
werden wir auf die ökonomische Frage usw. zurückkommen.
ÜBER DEN STAAT
Vorsitzender Gonzalo
Es ist angemessen, dass wir einige Fragen über Lenins „Über
den Staat“ erheben, wenn ihr den Text lesen könnt (zumindest die Führer) wäre
dies nützlich, weil es darauf abzielt den Staat zu erkennen, um diesem noch
mehr Aufmerksamkeit zu widmen. Dieses Dokument dient dazu den Prozess des
Staates zu erkennen und substantielle Dinge zu verstehen sowohl für uns als
auch zum Kampf gegen die allgemeine konterrevolutionäre Offensive. Darin lehrt
Lenin uns, über den Staat und die Schwierigkeit ihn zu studieren sprechend, wie
vorangeschritten werden kann: und es wird sehr einfach für uns sein, zu diesem
Problem zurückzukehren, da es eine so grundlegende, fundamentale Frage aller
Politik ist, in diesen stürmischen Zeiten, in Zeiten der Revolution, so wie wir
in ihnen sind, aber auch in friedlichen Zeiten, in allen Perioden die mit
jeglicher ökonomischen oder politischen Frage handeln, werdet ihr täglich auf
diese Fragen stoßen: Was ist der Staat? Woraus besteht er in seiner Essenz? Was
ist seine Bedeutung und welche Position nimmt er in unserer Partei ein, der
Partei die für den Sturz des Kapitalismus kämpft, der Kommunistischen Partei?
Dies ist eine Frage auf die wir, aus dem einen oder anderen Grund, jeden Tag
zurückkehren werden. Und die essentielle Sache ist, als Ergebnis unserer
Schulungen und eurer Anwesenheit bei Reden und Lehren über den Staat, dass ihr
lernt dieses Problem selbstständig anzugehen, da ihr aus den verschiedensten
Gründen, in jeder kleinen Frage, in unerwarteten Kombinationen, in den
Gesprächen und Diskursen mit Gegnern auf es stoßen werdet. Nur wenn ihr lernt
euch in dieser Frage zu orientieren, könnt ihr euch fest genug in eurer
Überzeugung betrachten, nur dann könnt ihr sie erfolgreich vor jedem und
jederzeit verteidigen. Hier ist das entscheidende, dass wir auf dieses Problem
täglich mit den verschiedensten Gründen in jeder kleinen Frage, in den
unerwartetsten Kombinationen, in den Gesprächen und den Diskursen mit Gegnern
treffen, und dies ist sicher, heute mehr denn je. Dies ist das wichtigste.
Er sagt später: „Ich nannte Ihnen schon als Hilfsmittel die
Engelssche Schrift „Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des
Staats". Hier heißt es eben, daß jeder Staat, in dem das Privateigentum am
Grund und Boden und an den Produktionsmitteln besteht, in dem das Kapital
herrscht, wie demokratisch er auch sein mag, ein kapitalistischer Staat ist,
eine Maschine in den Händen der Kapitalisten, um die Arbeiterklasse und die
arme Bauernschaft in Botmäßigkeit zu halten. Das allgemeine Wahlrecht aber, die
Konstituierende Versammlung, das Parlament - das ist nur die Form, eine Art
Wechsel, der am Wesen der Sache nicht das mindeste ändert.“ Dies ist, was uns
interessiert, der Staat ist „eine Maschine in den Händen der Kapitalisten, um
die Arbeiterklasse und die arme Bauernschaft in Botmäßigkeit zu halten.“; und
das allgemeine Wahlrecht, die Konstituierende Versammlung, das Parlament? Sind
Form, sie sind nicht die Essenz, der Inhalt. Der Inhalt, der Grund für diese
Modalitäten ist nur die Ausbeutung, die Unterdrückung aufrecht zu erhalten. Das
ist, was uns interessiert. Er fügt hinzu: „Die Form der Herrschaft des Staates
kann verschieden sein: Das Kapital äußert seine Macht auf die eine Weise dort,
wo die eine Form, und aufeine andere Weise, wo eine andere Form besteht, aber
dem Wesen nach bleibt die Macht in den Händen des Kapitals, gleichviel, ob es
ein Zensuswahlrecht gibt oder ein anderes, ob es sich um eine demokratische
Republik handelt; ja, je demokratischer sie ist, um so brutaler, zynischer ist
die Herrschaft des Kapitalismus. Eine der demokratischsten Republiken der Welt
sind die Vereinigten Staaten von Nordamerika, und nirgends äußert sich so wie
in diesem Lande (wer dort nach 1905 gewesen ist, hat sicherlich eine
Vorstellung davon) — nirgends äußert sich die Macht des Kapitals, die Macht
eines Häufleins von Milliardären über die ganze Gesellschaft so brutal, ist sie
mit so unverhüllter Bestechung verbunden wie gerade in Amerika. Das Kapital,
ist es einmal da, herrscht über die ganze Gesellschaft, und keinerlei
demokratische Republik, keinerlei Wahlrecht ändern etwas am Wesen der Sache.“
Dies ist sehr gut, sehr gut erklärt und perfekt verstanden. Er geht weiter und
sagt: „Die demokratische Republik und das allgemeine Wahlrecht waren im
Vergleich mit dem Leibeigenschaftssystem ein gewaltiger Fortschritt: Sie gaben
dem Proletariat die Möglichkeit, jene Vereinigung, jene Geschlossenheit zu
erreichen, die es jetzt aufzuweisen hat, jene wohlorganisierten,
disziplinierten Reihen zu bilden, die den systematischen Kampf gegen das
Kapital führen.“ Der folgende Text muss gelesen werden, aber wir werden ihn
nicht jetzt analysieren: weiter notiert er: „Nicht nur bewußte Heuchler,
Gelehrte und Pfaffen unterstützen und verteidigen die bürgerliche Lüge, daß der
Staat frei und berufen sei, die Interessen aller zu vertreten, sondern auch
Massen von Menschen, die ganz aufrichtig an den alten Vorurteilen festhalten
und den Übergang von der alten, kapitalistischen Gesellschaft zum Sozialismus
nicht begreifen können. Nicht nur Leute, die direkt von der Bourgeoisie
abhängig sind, nicht nur diejenigen, die unter dem Druck des Kapitals stehen
oder von diesem Kapital bestochen sind (im Dienst des Kapitals steht eine Menge
aller möglichen Gelehrten, Künstler, Pfaffen usw.), sondern auch Leute, die
einfach dem Einfluß solcher Vorurteile wie der bürgerlichen Freiheit
unterliegen, sie alle sind in der ganzen Welt gegen den Bolschewismus zu Felde
gezogen, weil die Sowjetrepublik bei ihrer Gründung diese bürgerliche Lüge
beiseite geworfen und offen erklärt hat: Ihr nennt euren Staat frei, in.
Wirklichkeit aber ist euer Staat, solange das Privateigentum besteht, und sei
er auch eine demokratische Republik, nichts anderes als eine Maschine in den
Händen der Kapitalisten zur Unterdrückung der Arbeiter, und je freier der Staat
ist, umso deutlicher kommt das zum Ausdruck.“ Hier müssen wir hervorheben, wie
fest verwurzelt die absurde Idee ist, dass der Staat frei ist, dass er über den
anderen steht, allen dient. Und er sagt uns, dies ist in jedem Staat gegeben;
er gibt das Beispiel der Vereinigten Staaten, der Schweiz: „In diesen Ländern
gibt es weniger Soldaten, ein kleineres stehendes Heer - in der Schweiz gibt es
eine Miliz, und jeder Schweizer hat ein Gewehr zu Hause, in Amerika gab es bis
in die letzte Zeit hinein kein stehendes Heer -, wenn also ein Streik
ausbricht, so bewaffnet sich die Bourgeoisie, stellt Söldlinge ein und schlägt
den Streik nieder, und nirgends wird dabei die Arbeiterbewegung so schonungslos
brutal unterdrückt wie in der Schweiz und in Amerika, nirgends macht sich im
Parlament der Einfluß des Kapitals so stark geltend wie gerade hier.“ Das heben
wir hervor, sie sind sehr demokratisch, haben eine kleine Armee, aber wenn es
einen Streik gibt stellen sie Söldner ein, sie bewaffnen sich selbst; hier
sehen wir etwas gleiches, aber weil der Volkskrieg die Anzahl ihrer
Repressivkräfte unzulänglich macht. Daher bewaffnen sie immer ihr Heer, kaufen
Söldner, verteidigen ihren Reichtum und Macht. Vorher gibt es einen Abschnitt
der es auch verdient hervorgehoben zu werden, wenn man von diesen Ländern
spricht: „Nirgends herrscht das Kapital so zynisch und rücksichtslos, und
nirgends kann man das mit solcher Klarheit sehen wie gerade in diesen Ländern -
obwohl das demokratische Republiken sind - , wie prächtig ihre Fassade auch
ausgemalt sein mag, wieviel man auch von der Arbeitsdemokratie, von der
Gleichheit aller Bürger reden mag.“ Ein sehr guter Absatz. Egal wie wie sehr
sie ihre Demokratie deklamieren, es ist nirgends so zynisch und rücksichtslos,
egal wie prächtig ihre Fassade auch ausgemalt sein mag, wie viel man auch von
der Arbeitsdemokratie, von der Gleichheit aller Bürger reden mag. Lenin lehrt
uns später, in diesen Ländern, in den Vereinigten Staaten und europäischen
Ländern, „Die Macht des Kapitals ist alles, die Börse ist alles, das Parlament,
die Wahlen, das sind Marionetten, Drahtpuppen...“ Wir finden dies sehr gut,
weil wir dasselbe heute im peruanischen Parlament sehen; trotzdem, hier sind
wir mit Demokratie vollgestopft, aber dies dient ihre Demokratie und ihre
demokratischen Paradigmen (der Vereinigten Staaten und der europäischen
Ländern) zu demaskieren, und zeigt uns, was dieses System dadurch impliziert;
kurz, das peruanische Parlament ist ein gutes Beispiel für diese Verrottung.
Er geht weiter uns sag uns: „Aber je länger, desto mehr
gehen den Arbeitern die Augen auf, desto weiter breitet sich der Gedanke der
Sowjetmacht aus – besonders nach dem blutigen Gemetzel, das wir eben erst
durchgemacht haben.“ Er spricht vom Ersten Weltkrieg, „Immer klarer wird für
die Arbeiterklasse die Notwendigkeit des schonungslosen Kampfes gegen die
Kapitalisten.“ Nachdem der Kurs den ganzen Staat zeigt, beginnend dabei uns die
Notwendigkeit zu zeigen, die Frage des Staates zu studieren, erreicht er den
bürgerlichen Staat, dies sind die letzten Abschnitte, die wir gelesen haben.
Dort ist die bürgerliche Demokratie demaskiert, die Augenwischerei der Freiheit
des Staates, die hinterhältige Augenwischerei, allen zu dienen und die
demagogische Devise der Arbeitsdemokratie und der Gleichheit aller Bürger und
die Bedingung der Drahtpuppen aller Parlamente. Die Wahlen sind Marionetten,
lehrt er uns, weil wo ist die Macht, die Kraft der Bourgeoisie? Sie ist in der
Kraft des Kapitals; das ist alles, sagt er, der Aktienmarkt ist alles und
zufälligerweise wurde der Aktienmarkt in Peru eröffnet. Hier argumentiert
Lenin: die Arbeiter stellen die bürgerliche Ordnung in Frage, sie verstehen die
Notwendigkeit den alten Staat zu stürzen und daher findet ein rücksichtsloser
Kampf gegen die Kapitalisten statt, und er endet darin von neuen System, dem
neuen Staat zu sprechen: „In welche Formen immer die Republik sich hüllt, mag
sie die allerdemokratischste Republik sein, wenn sie jedoch eine bürgerliche
Republik ist, wenn in ihr das Privateigentum am Grund und Boden, an den
Fabriken und Werken bestehengeblieben ist und das Privatkapital die ganze
Gesellschaft in Lohnsklaverei hält, d. h., wenn in ihr nicht das durchgeführt
wird, was das Programm unserer Partei und die Sowjetverfassung verkünden, dann
ist dieser Staat eine Maschine, um die einen durch die anderen zu unterdrücken.
Und diese Maschine legen wir in die Hände der Klasse, die die Macht des
Kapitals stürzen soll. Wir werden all die alten Vorurteile, daß der Staat allgemeine
Gleichheit bedeute, über Bord werfen. Das ist ein Betrug: solange es Ausbeutung
gibt, kann es keine Gleichheit geben. Der Gutsbesitzer kann dem Arbeiter nicht
gleich sein, der Hungrige nicht dem Satten. Die Maschine, die Staat genannt
wurde, angesichts derer die Menschen in abergläubischer Verehrung haltmachen
und den alten Märchen glauben, daß sie die Macht des ganzen Volkes verkörpere -
diese Maschine wirft das Proletariat beiseite und erklärt: Das ist eine
bürgerliche Lüge. Wir haben diese Maschine den Kapitalisten genommen, haben sie
an uns gebracht. Mit dieser Maschine oder diesem Knüttel werden wir jede
Ausbeutung ausmerzen, und wenn auf der Welt keine Möglichkeit zur Ausbeutung
mehr geblieben ist, wenn es keine Grundbesitzer, keine Fabrikbesitzer mehr
gibt, wenn es nicht mehr so sein wird, daß die einen schlemmen, während die
anderen hungern – erst dann, wenn dafür keine Möglichkeiten mehr bestehen, erst
dann werden wir diese Maschine zum alten Eisen werfen. Dann wird es keinen
Staat, wird es keine Ausbeutung mehr geben. Das ist der Standpunkt unserer
Kommunistischen Partei.“ Ein guter Text die Frage des Staates zu studieren und
zu verstehen, und noch besser die breitesten Massen mit einem notwendigen
wissenswerten Thema zu erreichen, heute noch mehr. Sehr gut, weil nachdem Kurs,
ich wiederhole, bei der bürgerlichen Demokratie angelangt, er sie vollständig
kritisiert, seinen Kern offenlegt und dann unseren Staat entwirft, was heißt
die Macht zu erobern, die eigene Staatsmaschinerie die alte Staatsmaschinerie
zerstören lassen, und damit sagt, alle Spuren von Ausbeutung, von Unterdrückung
zerstört, und wenn es keine Klassen geben wird, wird es keinen Staat geben. Die
Frage ist, wenn der Staat nicht das Programm der Kommunistischen Partei
erfüllt, er kein Staat ist, der der Klasse, dem Volk dient; nur der Neue Staat
ist der einzige der ihm dienen kann. Das ist sehr gut, es legt den Weg und die
finale Perspektive fest und was das Hauptsächliche ist, er fordert von uns zu
verstehen, dass es der Staat ist, den alten Staat zu zerstören, den Neuen Staat
voranzutreiben, die Diktatur des Proletariats zu errichten und damit die Welt
umzuwandeln (Demokratie für das Volk, Diktatur für die gestürzten Ausbeuter)
und in Richtung des Kommunismus zu marschieren, damit erheben wir den Staat für
immer.
ÜBER DEN STAAT
Wladimir Iljitsch Lenin
Vorlesung an der Swerdlow-Universität, zuerst veröffentlicht
am 18. Januar 1929 in der „Prawda“ Nr. 15. Diese Version aus Lenin Werke Bd. 29
11. Juli 1919
Genossen! Gegenstand unserer heutigen Aussprache ist nach
dem bei Ihnen beschlossenen Plan, der mir mitgeteilt wurde, die Frage des
Staates. Ich weiß nicht, wieweit Sie mit dieser Frage schon vertraut sind. Wenn
ich nicht irre, haben Ihre Kurse eben erst begonnen, und Sie werden sich zum
erstenmal mit dieser Frage systematisch zu befassen haben. Wenn dem so ist, so
kann es sehr wohl sein, daß es mir in dieser ersten Vorlesung über eine so
schwierige Frage nicht gelingen wird, eine genügende Klarheit der Darlegung zu
erreichen, so daß viele der Hörer noch nicht zum vollen Verständnis dieser
Frage gelangen werden. Sollte das der Fall sein, so bitte ich Sie, sich darüber
nicht zu beunruhigen, denn die Frage des Staates ist eine der verwickeltsten
und schwierigsten Fragen, eine Frage, die von den bürgerlichen Gelehrten,
Schriftstellern und Philosophen wohl am schlimmsten verwirrt worden ist. Darum
soll man niemals erwarten, daß in einer kurzen Aussprache auf den ersten Anhieb
eine völlige Klärung dieser Frage erreicht werden könnte. Nach der ersten
Aussprache über dies Thema wird man sich die unverständlichen oder unklaren
Stellen notieren müssen, um zu ihnen ein zweites, drittes und viertes Mal
zurückzukehren, um das, was unverständlich geblieben ist, später sowohl durch
Lektüre als auch durch besondere Vorlesungen und Aussprachen zu ergänzen und
weiter zu klären. Ich hoffe, daß wir Gelegenheit haben werden, noch einmal
zusammenzukommen, und dann wird man in einen Meinungsaustausch über alle
zusätzlichen Fragen eintreten und prüfen können, was ganz besonders unklar
geblieben ist. Ich hoffe auch, daß Sie in Ergänzung zu den Aussprachen und
Vorlesungen eine gewisse Zeit der Lektüre wenigstens einiger der wichtigsten
Werke von Marx und Engels widmen werden. Zweifellos werden Sie in dem Literaturnachweis
und in den Lehrbüchern, die den Studierenden der Sowjet- und Parteischule in
Ihrer Bibliothek zur Verfügung stehen, zweifellos werden Sie hier diese
Hauptwerke finden. Und wenn nun wiederum die Schwierigkeit der Darlegung
vielleicht den einen oder anderen zunächst abschreckt, so sei nochmals darauf
hingewiesen, daß man sich darüber nicht weiter beunruhigen soll: was beim
ersten Lesen unverständlich ist, wird bei nochmaligem Lesen, oder wenn man
später an die Frage von einer etwas anderen Seite herantritt, verständlich
werden. Die Frage, ich wiederhole das nochmals, ist so verwickelt, ist von den
bürgerlichen Gelehrten und Schriftstellern so verwirrt worden, daß jeder
Mensch, der sie ernsthaft durchdenken und selbständig bewältigen will, mehrmals
an sie herantreten, immer wieder zu ihr zurückkehren und sie von verschiedenen
Seiten durchdenken muß, am zu einer klaren und festen Auffassung zu gelangen.
Zu dieser Frage zurückzukehren wird Ihnen um so leichter fallen, als dies eine
so grundlegende, so fundamentale Frage der gesamten Politik ist, daß Sie
jederzeit, nicht nur in einer so stürmischen, revolutionären Zeit, wie wir sie
jetzt durchleben, sondern auch in der friedlichsten Zeit, Tag für Tag in jeder
beliebigen Zeitung bei jeder beliebigen ökonomischen oder politischen Frage auf
die Frage stoßen werden: Was ist der Staat, worin besteht sein Wesen, worin
liegt seine Bedeutung, und welche Stellung nimmt unsere Partei, die Partei, die
für den Sturz des Kapitalismus kämpft, die Partei der Kommunisten, welche
Stellung nimmt sie zum Staat ein? Tag für Tag werden Sie aus diesem oder jenem
Anlaß auf diese Frage zurückkommen. Das Wichtigste dabei ist, daß Sie durch
Ihre Lektüre, durch die Aussprachen und die Vorlesungen, die Sie über den Staat
hören werden, die Fähigkeit erwerben, selbständig an diese Frage heranzugehen,
die Ihnen bei den verschiedensten Anlässen, bei jeder noch so kleinen Frage, in
den unerwartetsten Zusammenhängen, in Aussprachen und Auseinandersetzungen mit
den Gegnern entgegentreten wird. Erst dann, wenn Sie gelernt haben, sich
selbständig in dieser Frage zurechtzufinden, erst dann können Sie annehmen, in
Ihren Überzeugungen genügend gefestigt zu sein, können Sie sie genügend
erfolgreich vertreten, vor wem und wann es auch sein möge.
Nach diesen kurzen Bemerkungen will ich zu der Frage selbst
übergehen, was der Staat ist, wie er entstand und welches im wesentlichen die
Stellung der für den völligen Sturz des Kapitalismus kämpfenden Partei der
Arbeiterklasse, der Partei der Kommunisten, zum Staat sein muß. Ich habe schon davon gesprochen, daß sich
wohl kaum eine andere Frage finden wird, die von den Vertretern der
bürgerlichen Wissenschaft, Philosophie, Jurisprudenz, politischen Ökonomie und
Publizistik absichtlich und unabsichtlich so verwirrt worden ist wie die Frage
des Staates. Heute noch wird diese Frage sehr oft mit religiösen Fragen
vermengt; nicht nur Vertreter religiöser Lehren (von diesen ist das ja ganz
naturgemäß zu erwarten), sondern auch Leute, die sich für frei von religiösen
Vorurteilen halten, vermengen häufig die besondere Frage des Staates mit Fragen
der Religion und versuchen eine Lehre—sehr oft eine verwickelte Lehre mit
ideeller philosophischer Betrachtungsweise und Begründung— zu konstruieren, daß
der Staat etwas Göttliches, etwas übernatürliches sei, eine gewisse Kraft,
durch die die Menschheit lebe, die den Menschen etwas gebe oder zu geben habe,
die etwas enthalte, was nicht vom Menschen stamme, was ihm von außen gegeben
worden, daß er eine Kraft göttlichen Ursprungs sei. Und es muß gesagt werden:
Diese Lehre ist so eng verbunden mit den Interessen der Ausbeuterklassen — der
Gutsbesitzer und Kapitalisten—, dient so sehr deren Interessen, hat so tief
alle Gewohnheiten, alle Anschauungen, die gesamte Wissenschaft der Herren
Vertreter der Bourgeoisie durchdrungen, daß Sie Resten dieser Lehre auf Schritt
und Tritt begegnen, selbst in der Auffassung vom Staat bei den Menschewiki und
Sozialrevolutionären, die mit Entrüstung den Gedanken von sich weisen, in
religiösen Vorurteilen befangen zu sein, und überzeugt sind, daß sie den Staat
nüchtern zu betrachten vermögen. Diese Frage ist deshalb so verworren und
kompliziert, weil sie (in dieser Beziehung nur den Grundlagen der ökonomischen
Wissenschaft nachstehend) die Interessen der herrschenden Klassen stärker
berührt als irgendeine andere Frage. Die Lehre vom Staat dient dazu, die
gesellschaftlichen Vorrechte, das Bestehen der Ausbeutung, die Existenz des
Kapitalismus zu rechtfertigen— darum eben wäre es der größte Fehler, in dieser
Frage Unparteilichkeit zu erwarten und so an die Sache heranzugehen, als
könnten Ihnen Leute, die die Wissenschaftlichkeit mit Beschlag belegen, hier
den Standpunkt der reinen Wissenschaft vermitteln. In der Frage des Staates, in
der Lehre vom Staat, in der Theorie des Staates werden Sie, wenn Sie sich mit
der Frage vertraut machen und genügend in sie eindringen, stets den Kampf der
verschiedenen Klassen untereinander wahrnehmen, einen Kampf, der sich im Kampf
der Ansichten über den Staat, in der Einschätzung der Rolle und der Bedeutung
des Staates widerspiegelt oder darin seinen Ausdruck findet.
Um an diese Frage so wissenschaftlich wie möglich
heranzugehen, muß man einen wenn auch nur flüchtigen Blick in die Geschichte,
auf die Entstehung und Entwicklung des Staates werfen. Das Allersicherste in
der Gesellschaftswissenschaft, das Allernotwendigste, um wirklich die
Fertigkeit zu erwerben, an diese Frage richtig heranzugehen, um sich nicht in
einer Masse von Kleinkram oder in der ungeheuren Mannigfaltigkeit der einander
bekämpfenden Meinungen zu verlieren, das Alkrwichtigste, um an diese Frage vom
wissenschaftlichen Standpunkt heranzugehen, besteht darin, den grundlegenden
historischen Zusammenhang nicht außer acht zu lassen, jede Frage von dem
Standpunkt aus zu betrachten, wie eine bestimmte Erscheinung in der Geschichte
entstanden ist, welche Hauptetappen diese Erscheinung in ihrer Entwicklung
durchlaufen hat, und vom Standpunkt dieser ihrer Entwicklung aus zu
untersuchen, was aus der betreffenden Sache jetzt geworden ist.
Ich hoffe, daß Sie sich im Hinblick auf die Frage des
Staates mit der Schrift von Engels „Der Ursprung der Familie, des
Privateigentums und des Staats" bekannt machen werden. Es ist das eines
der grundlegenden Werke des modernen Sozialismus, worin man zu jedem Satz
Vertrauen haben, worin man sich darauf verlassen kann, daß kein einziger Satz
aufs Geratewohl ausgesprochen, daß jeder auf der Grundlage eines riesigen
historischen und politischen Materials niedergeschrieben ist. Kein Zweifel,
nicht alle Teile dieses Werks sind in der Darstellung gleichermaßen faßlich und
verständlich: Manche setzen einen Leser voraus, der bereits über gewisse
historische und ökonomische Vorkenntnisse verfügt. Ich muß jedoch abermals
sagen: Man darf sich nicht beunruhigen lassen, wenn man dieses Werk beim Lesen
nicht gleich verstanden hat. Das gibt es fast niemals, bei keinem Menschen.
Wenn Sie jedoch später, sobald Ihr Interesse rege geworden ist, auf dieses Werk
zurückgreifen, so werden Sie erreichen, daß Sie es zum überwiegenden Teil, wenn
nicht vollständig verstehen. Ich erinnere an dieses Buch, weil es lehrt, die
Frage in dem angeführten Sinne richtig anzupacken. Es beginnt mit einer
historischen Skizze der Entstehung des Staates.
Will man richtig an diese Frage, wie auch an jede andere,
herangehen, so zum Beispiel an die Frage der Entstehung des Kapitalismus, der
Ausbeutung des Menschen durch den Menschen, an den Sozialismus, sein Aufkommen,
die Verhältnisse, die ihn hervorgebracht haben - an jede derartige Frage kann
man solide und zuversichtlich nur dann herangehen, wenn man vorher einen Blick
auf ihre gesamte geschichtliche Entwicklung als Ganzes geworfen hat. In dieser
Frage muß man die Aufmerksamkeit vor allem darauf richten, daß es nicht immer
einen Staat gegeben hat. Es hat eine Zeit gegeben, wo kein Staat existierte. Er
kommt dort und dann auf, wo und wann die Teilung der Gesellschaft in Klassen
aufkommt, sobald es Ausbeuter und Ausgebeutete gibt.
Bis zu der Zeit, wo die erste Form der Ausbeutung des
Menschen durch den Menschen, die erste Form der Teilung in Klassen -
Sklavenhalter und Sklaven - entstand, bis zu dieser Zeit existierte noch die
patriarchalische Familie oder, wie man sie mitunter nennt, die Clanfamilie
(Clan — Geschlecht, Sippe, in der Zeit, wo die Menschen in Sippen, in
Geschlechtsverbänden lebten), und die Spuren dieser Urzeiten sind in der
Lebensweise vieler Urvölker deutlich genug erhalten. Wenn Sie ein beliebiges
Werk über die Kultur der Urzeit zur Hand nehmen, so werden Sie stets auf mehr
oder minder bestimmte Beschreibungen, Hinweise und Überlieferungen stoßen, die
daran erinnern, daß es eine Zeit gegeben hat, die dem Urkommunismus, als es
keine Teilung der Gesellschaft in Sklavenhalter und Sklaven gab, mehr oder
minder ähnlich war. Damals gab es keinen Staat, gab es keinen besonderen
Apparat zur systematischen Gewaltanwendung und Unterwerfung der Menschen unter
die Gewalt. Ein solcher Apparat aber heißt eben Staat.
In der Urgesellschaft, als die Menschen in kleinen
Geschlechtsverbänden lebten und sich noch auf den niedrigsten Stufen ihrer
Entwicklung befanden, in einem an Wildheit grenzenden Zustand, in einer Epoche,
von der die heutige zivilisierte Menschheit durch mehrere Jahrtausende getrennt
ist - in jener Zeit sind noch keine Anzeichen für das Bestehen des Staates
sichtbar. Wir sehen die Herrschaft der Sitten, wir sehen die Autorität,
Achtung, Macht, die die Ältesten der Geschlechtsverbände genießen, wir sehen,
daß diese Macht mitunter Frauen zuerkannt wird — die damalige Lage der Frau war
nicht ihrer heutigen rechtlosen, unterdrückten Lage ähnlich -, nirgends aber
sehen wir eine besondere Kategorie von Menschen, die herausgehoben werden, um
andere zu regieren, die im Interesse und zum Zweck des Regierens planmäßig und
ständig über einen gewissen Zwangsapparat, einen Gewaltapparat verfügen, wie
ihn heute, das verstehen Sie alle, die bewaffneten militärischen Formationen,
die Gefängnisse und sonstigen Mittel zur Unterwerfung des Willens anderer unter
die Gewalt darstellen. Nirgends sehen wir das, was das Wesen des Staates
ausmacht.
Wenn wir die sogenannten religiösen Lehren,
Spitzfindigkeiten, philosophischen Konstruktionen, die mannigfaltigen
Meinungen, die die bürgerlichen Gelehrten austüfteln, beiseite lassen und der
Sache wirklich auf den Grund gehen, so sehen wir, daß der Staat auf nichts
anderes hinausläuft als eben auf einen solchen, aus der menschlichen
Gesellschaft herausgehobenen Regierungsapparat. Mit dem Aufkommen einer solchen
besonderen Gruppe von Menschen, die nur damit beschäftigt ist zu regieren und
die zum Regieren einen besonderen Zwangsapparat, einen Apparat zur Unterwerfung
des Willens anderer unter die Gewalt benötigt – Gefängnisse, besondere
Formationen von Menschen, das Heer u. a. - , taucht der Staat auf.
Es hat aber eine Zeit gegeben, da kein Staat existierte, da
der allgemeine Zusammenhalt, die Gesellschaft selbst, die Disziplin, die
Arbeitsordnung aufrechterhalten wurden durch die Macht der Gewohnheit, der
Traditionen, durch die Autorität oder Achtung, die die Ältesten der
Geschlechtsverbände oder die Frauen genossen, die zu dieser Zeit oftmals eine
den Männern gleichberechtigte, ja nicht selten sogar höhere Stellung einnahmen,
eine Zeit, da es keine besondere Kategorie von Menschen, keine Spezialisten gab,
um zu regieren. Die Geschichte zeigt, daß der Staat als besonderer Apparat der
Zwangsanwendung gegen Menschen erst dort und dann entstand, wo und wann die
Teilung der Gesellschaft in Klassen in Erscheinung trat - also eine Teilung in
Gruppen von Menschen, von denen die einen sich ständig die Arbeit der anderen
aneignen können, wo der eine den anderen ausbeutet.
Diese geschichtliche Teilung der Gesellschaft in Klassen
müssen, wir uns als die grundlegende Tatsache stets klar vor Augen halten. Die
jahrtausendelange Entwicklung aller menschlichen Gesellschaften in ausnahmslos
allen Ländern zeigt uns eine allgemeine Gesetzmäßigkeit, Regelmäßigkeit,
Folgerichtigkeit dieser Entwicklung derart, daß wir zuerst eine Gesellschaft
ohne Klassen haben - die ursprüngliche, patriarchalische Urgesellschaft, in der
es keine Aristokraten gibt; dann eine Gesellschaft, die auf Sklaverei beruht -
die Gesellschaft der Sklavenhalter. Dieses Stadium hat das ganze moderne
zivilisierte Europa durchlaufen: die Sklaverei war vor zweitausend Jahren
durchaus herrschend. Auch die übergroße Mehrheit der Völker der übrigen Teile
der Welt hat dieses Stadium durchschritten. Bei den am wenigsten entwickelten
Völkern sind Spuren der Sklaverei auch jetzt noch erhalten, die Einrichtung der
Sklaverei finden Sie zum Beispiel in Afrika noch heute. Sklavenhalter und
Sklaven – das ist die erste große Klassenscheidung. Die erste Gruppe besaß
nicht nur alle Produktionsmittel - den Grund und Boden, die Werkzeuge, wie
wenig leistungsfähig und primitiv diese damals auch gewesen sein mögen - , zu
ihrem Besitz zählten auch Menschen. Die Angehörigen dieser Gruppe hießen
Sklavenhalter, diejenigen aber, die arbeiteten, die für die anderen Arbeit
verrichteten, hießen Sklaven.
Auf diese Form folgte in der Geschichte eine andere Form:
die Leibeigenschaft. In der übergroßen Mehrzahl der Länder verwandelte sich die
Sklaverei im Zuge ihrer Entwicklung in Leibeigenschaft. Die grundlegende
Teilung der Gesellschaft ist hier die in Fronherren und leibeigene Bauern. Die
Form der Beziehungen zwischen den Menschen hat sich geändert. Die Sklavenhalter
hatten die Sklaven als ihr Eigentum betrachtet, das Gesetz hatte diese
Auffassung bekräftigt und die Sklave« als eine Sache betrachtet, die sich
völlig im Besitz des Sklavenhalters befand. Was den leibeigenen Bauern
betrifft, so blieb hier die Klassenunterdrückung, die Abhängigkeit bestehen,
aber der feudale Gutsbesitzer galt nicht als Besitzer des Bauern als einer
Sache, er hatte lediglich Anrecht auf dessen Arbeit und konnte ihn zur Leistung
einer bestimmten Fron zwingen. In der Praxis unterschied sich, wie Sie alle
wissen, die Leibeigenschaft, besonders in Rußland, wo sie sich am längsten
hielt und die rohesten Formen annahm, in nichts von der Sklaverei.
Weiterhin entstand in der Gesellschaft der Leibeigenschaft
in dem Maße, wie sich der Handel entwickelte, wie sich ein Weltmarkt
herausbildete, in dem Maße, wie sich die Geldzirkulation entfaltete, eine neue
Klasse, die Klasse der Kapitalisten. Aus der Ware, aus dem Warenaustausch, aus
der aufkommenden Macht des Geldes entstand die Macht des Kapitals. Im Laufe des
18. Jahrhunderts, genauer vom Ende des 18. Jahrhunderts an, und im Laufe des
19. Jahrhunderts fanden in der ganzen Welt Revolutionen statt. Die Leibeigenschaft
wurde aus allen Ländern Westeuropas verdrängt. Am spätesten geschah das in
Rußland. In Rußland kam es 1861 ebenfalls zu einer Umwälzung, die die Ablösung
einer Gesellschaftsform durch eine andere zur Folge hatte — die Ersetzung der
Leibeigenschaft durch den Kapitalismus, unter dem die Teilung in Klassen sowie
verschiedene Spuren und Überreste der Leibeigenschaft zwar bestehenblieben, die
Klassenteilung aber im wesentlichen eine andere Form erhielt.
Die Kapitalbesitzer, die Grundbesitzer, die Fabrikbesitzer
stellten und stellen in allen kapitalistischen Staaten eine verschwindende
Minderheit der Bevölkerung dar, die restlos über die gesamte Arbeit des Volkes
verfügt und folglich die ganze Masse der Werktätigen, von denen die Mehrzahl
Proletarier, Lohnarbeiter sind, die ihren Lebensunterhalt im Produktionsprozeß
nur durch den Verkauf ihrer Arbeitshände, ihrer Arbeitskraft erwerben, unter
der Fuchtel hält, sie unterdrückt und ausbeutet. Die Bauern, die schon zur Zeit
der Leibeigenschaft zersplittert und niedergedrückt waren, verwandelten sich
mit dem Übergang zum Kapitalismus zu einem Teil (in ihrer Mehrzahl) in
Proletarier, zum andern Teil (in ihrer Minderheit) in wohlhabende Bauern, die
selbst Arbeiter dingten und die Dorfbourgeoisie darstellten.
Diese grundlegende Tatsache - den Übergang der Gesellschaft
von den Urformen der Sklaverei zur Leibeigenschaft und schließlich zum
Kapitalismus - müssen Sie stets im Auge behalten, denn nur wenn Sie dieser
grundlegenden Tatsache eingedenk sind, nur wenn Sie alle politischen Lehren in
diesen grundlegenden Rahmen hineinstellen, werden Sie imstande sein, diese
Lehren richtig einzuschätzen und festzustellen, worauf sie hinauslaufen, denn
jede dieser großen Perioden der menschlichen Geschichte - die Sklaverei, die
Leibeigenschaft und der Kapitalismus – umfaßt Hunderte und Tausende von Jahren
und bietet eine solche Fülle von politischen Formen, verschiedenartigen
politischen Lehren, Meinungen, Revolutionen, daß man sich in all dieser
außerordentlichen Buntheit und ungeheuren Mannigfaltigkeit. - besonders im
Zusammenhang mit den politischen, philosophischen und sonstigen Lehren der
bürgerlichen Gelehrten und Politiker - nur dann zurechtfinden kann, wenn man
als Hauptrichtschnur stets die Teilung der Gesellschaft in Klassen, die
Formveränderungen der Klassenherrschaft nimmt und von diesem Standpunkt aus
alle gesellschaftlichen Fragen, die ökonomischen, politischen, geistigen,
religiösen usw., untersucht.
Wenn Sie vom Standpunkt dieser grundlegenden Teilung den
Staat betrachten, so werden Sie sehen, daß es vor der Teilung der Gesellschaft
in Klassen, wie ich schon gesagt habe, auch keinen Staat gab. In dem Maße
jedoch, wie die gesellschaftliche Teilung in Klassen entsteht und sich
durchsetzt, in dem Maße, wie die Klassengesellschaft entsteht, in demselben
Maße entsteht der Staat und setzt sich durch. Wir haben in der Geschichte der
Menschheit Dutzende und Hunderte von Ländern, die Sklaverei, Leibeigenschaft
und Kapitalismus durchgemacht haben oder jetzt durchmachen. In jedem von ihnen
werden Sie ungeachtet der gewaltigen geschichtlichen Veränderungen, die sich
vollzogen haben, ungeachtet aller politischen Wandlungen und aller
Revolutionen, die mit dieser Entwicklung der Menschheit, mit dem Übergang von
der Sklaverei über die Leibeigenschaft zum Kapitalismus und zum jetzigen
Weltkampf gegen den Kapitalismus verbunden waren, stets die Entstehung des
Staates erkennen. Der Staat war immer ein bestimmter Apparat, der sich aus der
Gesellschaft heraushob und aus einer Gruppe von Menschen bestand, die sich nur
oder fast nur oder doch hauptsächlich damit beschäftigten, zu regieren. Die
Menschen teilen sich in Regierte und in Spezialisten im Regieren, die sich über
die Gesellschaft erheben und die man Herrschende, Vertreter des Staates nennt.
Dieser Apparat, diese Gruppe von Menschen, die andere regieren, bemächtigt sich
stets einer gewissen Einrichtung zur Ausübung von Zwang, von physischer Gewalt
- gleichviel, ob diese Gewalt über die Menschen ihren Ausdruck findet im
Knüttel des Urmenschen oder, in der Epoche der Sklaverei, in einer
vervollkommneteren Art der Bewaffnung oder in der Feuerwaffe, die im
Mittelalter aufkam, oder schließlich in den modernen Waffen, die im 20.
Jahrhundert zu technischen Wunderwerken geworden sind und ganz auf den letzten
Errungenschaften der modernen Technik beruhen. Die Methoden der Gewalt änderten
sich, doch existierte stets, insofern es einen Staat gab, in jeder Gesellschaft
eine Gruppe von Personen, die regierten, die kommandierten, die herrschten und
zur Aufrechterhaltung ihrer Macht einen Apparat zur Ausübung von physischem
Zwang, einen Gewaltapparat in Händen hatten, ausgerüstet mit denjenigen Waffen,
die dem technischen Niveau der jeweili gen Epoche entsprachen. Und nur wenn wir
in diese allgemeinen Erscheinungen Einblick gewinnen, wenn wir uns die Frage
vorlegen, warum kein Staat da war, solange es keine Klassen gab, solange es
keine Ausbeuter und Ausgebeuteten gab, und warum er ins Leben trat, als die
Klassen entstanden, nur dann finden wir eine bestimmte Antwort auf die Frage
nach dem Wesen des Staates und seiner Bedeutung.
Der Staat ist eine Maschine zur Aufrechterhaltung der
Herrschaft einer Klasse über eine andere. Solange es in der Gesellschaft keine
Klassen gab, solange die Menschen vor der Epoche der Sklaverei unter den
urzeitlichen Bedingungen einer größeren Gleichheit, einer noch ganz niedrigen
Arbeitsproduktivität arbeiteten, solange der Urmensch sich mühselig die zur
kärglichsten, allerprimitivsten Existenz notwendigen Mittel verschaffte,
solange entstand keine besondere Gruppe von Menschen, konnte sie nicht
entstehen, die speziell zum Zwecke des Regierens herausgehoben worden wären und
über die ganze übrige Gesellschaft geherrscht hätten. Erst als die erste Form
der Teilung der Gesellschaft in Klassen, als die Sklaverei aufkam, als es einer
bestimmten Klasse von Menschen, die sich auf die gröbsten Formen der
landwirtschaftlichen Arbeit konzentriert hatten, möglich wurde, einen gewissen
Überschuß zu produzieren, als dieser Überschuß für die allerarmseligste
Existenz des Sklaven' nicht mehr absolut notwendig war und in die Hände des
Sklavenhalters fiel, als sieh auf diese Weise die Existenz dieser Klasse von
Sklavenhaltern festigte und eben damit sie sich festigte, wurde das Entstehen
des Staates zu einer Notwendigkeit.
Und so entstand er denn - der Staat der Sklavenhalter - ,
ein Apparat, der den Sklavenhaltern die Macht, die Möglichkeit in die Hand gab,
alle Sklaven zu regieren. Gesellschaft wie Staat waren damals bedeutend kleiner
als jetzt, verfügten über einen unvergleichlich schwächeren Verbindungsapparat,
denn damals gab es die heutigen Verkehrsmittel nicht. Berge, Flüsse und Meere
bildeten ungleich größere Hindernisse als jetzt, und die Bildung des Staates
vollzog sich in viel engeren geographischen Grenzen. Ein technisch schwacher
Staatsapparat stand einem Staat zu Diensten, der sich innerhalb verhältnismäßig
enger Grenzen hielt und auf einen engen Wirkungskreis erstreckte. Immerhin war
aber ein Apparat da, der die Sklaven zwang, in Sklaverei zu verbleiben, der
einen Teil der Gesellschaft der Gewalt des anderen Teils auslieferte, seine
Unterdrückung durch den anderen Teil ermöglichte. Ohne ständigen Zwangsapparat
kann der eine, der überwiegende Teil der Gesellschaft nicht zur systematischen
Arbeit für den anderen Teil gezwungen werden. Solange es keine Klassen gab, gab
es auch keinen solchen Apparat. Als die Klassen aufkamen, erschien mit dem
Fortschreiten und der Festigung dieser Teilung stets und überall auch eine
besondere Institution - der Staat. Die Formen des Staates waren außerordentlich
mannigfaltig. Im Zeitalter der Sklaverei haben wir in den nach damaligen
Begriffen fortgeschrittensten, kultiviertesten und zivilisiertesten Ländern,
zum Beispiel im alten Griechenland und im alten Rom, die ganz auf der Sklaverei
beruhten, schon verschiedene Staatsformen. Schon damals entsteht der
Unterschied zwischen Monarchie und Republik, zwischen Aristokratie und
Demokratie. Die Monarchie - als Herrschaft eines einzelnen, die Republik - mit
der Wählbarkeit der Staatsmacht; die Aristokratie - als Herrschaft einer
verhältnismäßig kleinen Minderheit, die Demokratie - als Herrschaft des Volkes
(wörtlich aus dem Griechischen übersetzt heißt „Demokratie" eben:
Volksherrschaft). Alle diese Unterschiede entstanden in der Epoche der
Sklaverei. Ungeachtet dieser Unterschiede war der Staat in der Epoche der
Sklaverei ein Sklavenhalterstaat, gleichviel, ob das eine Monarchie oder eine
aristokratische oder demokratische Republik war.
In jedem Lehrgang über die Geschichte des Altertums werden
Sie in Vorlesungen über dieses Thema von dem Kampf hören, der zwischen
monarchischen und republikanischen Staaten geführt wurde, das Grundlegende aber
war, daß die Sklaven nicht als Menschen betrachtet wurden; sie galten nicht als
Bürger, ja nicht einmal als Menschen. Das römische Gesetz betrachtete sie als
eine Sache. Das Gesetz über Mord, von anderen Gesetzen zum Schutz der
menschlichen Person ganz zu schweigen, hatte keine Geltung für die Sklaven. Es
schützte nur die Sklavenhalter, die allein als vollberechtigte Bürger anerkannt
wurden. Wurde eine Monarchie errichtet, so war es eine Monarchie der
Sklavenhalter; wurde eine Republik errichtet, so war es eine Republik der
Sklavenhalter. In beiden genossen die Sklavenhalter alle Rechte, während die
Sklaven laut Gesetz eine Sache waren; ihnen gegenüber war nicht nur jede
beliebige Gewaltanwendung erlaubt, auch die Ermordung eines Sklaven galt nicht
als Verbrechen. Die Republiken der Sklavenhalter waren ihrer inneren Organisation
nach verschieden: es gab aristokratische und demokratische Republiken. In der
aristokratischen Republik nahm eine kleine Zahl von Privilegierten an den
Wahlen teil, in der demokratischen nahmen alle, jedoch wiederum die
Sklavenhalter, daran teil, alle, mit Ausnahme der Sklaven. Diesen grundlegenden
Umstand muß man vor Augen haben, da er auf die Frage des Staates ein besonders
helles Licht wirft und das Wesen des Staates deutlich zeigt.
Der Staat ist eine Maschine zur Unterdrückung einer Klasse
durch eine andere, eine Maschine, um alle unterworfenen Klassen in der
Botmäßigkeit der einen Klasse zu halten. Die Form dieser Maschine ist
verschieden. Im Sklavenhalterstaat haben wir die Monarchie, die aristokratische
Republik oder sogar die demokratische Republik. Mochten in der Praxis die
Regierungsformen außerordentlich mannigfaltig sein, das Wesen der Sache blieb
das gleiche: die Sklaven hatten keinerlei Rechte und blieben eine unterdrückte
Klasse, sie galten nicht als Menschen. Das gleiche sehen wir auch im
Leibeigenschaftsstaat.
Der Wechsel in der Form der Ausbeutung verwandelte den
Sklavenhalterstaat in den Leibeigenschaftsstaat. Das war von ungeheurer
Bedeutung. In der auf Sklaverei beruhenden Gesellschaft haben wir die völlige
Rechtlosigkeit des Sklaven, er galt nicht als Mensch; in der auf
Leibeigenschaft beruhenden Gesellschaft haben wir die Fesselung des Bauern an
den Boden. Das Hauptmerkmal der Leibeigenschaft besteht darin, daß die
Bauernschaft (und damals bildeten die Bauern die Mehrheit, die Stadtbevölkerung
war äußerst schwach entwickelt) als zum Boden gehörig galt, woraus auch der
Begriff selbst - Hörigkeit - hervorging. Der Bauer konnte eine bestimmte Anzahl
von Tagen für sich selbst auf dem Acker arbeiten, den ihm der Gutsbesitzer
überlassen hatte; die übrige Zeit arbeitete der leibeigene Bauer für den Herrn.
Das Wesen der Klassengesellschaft blieb bestehen: die Gesellschaft beruhte auf
Klassenausbeutung. Vollberechtigt konnten nur die Gutsbesitzer sein, die Bauern
galten als rechtlos. Ihre Lage unterschied sich in der Praxis nur sehr wenig
von der der Sklaven im Sklavenhalterstaat. Immerhin aber öffnete sich zu ihrer
Befreiung, zur Befreiung der Bauern, ein breiterer Weg, da der leibeigene Bauer
nicht als direktes Eigentum des Gutsbesitzers galt. Er konnte einen Teil seiner
Zeit auf seinem Acker zubringen, er konnte sozusagen bis zu einem gewissen
Grade sich selbst gehören, und mit den größeren Entwicklungsmöglichkeiten für
den Austausch, für Handelsbeziehungen zersetzte sich die Leibeigenschaft immer
mehr, erweiterte sich immer mehr der Spielraum für die Befreiung der
Bauernschaft. Die Gesellschaft der Leibeigenschaft war immer komplizierter als
die Sklavenhaltergesellschaft. Es gab in ihr ein starkes Element kommerzieller
und industrieller Entwicklung, was schon damals zum Kapitalismus führte. Im
Mittelalter herrschte die Leibeigenschaft vor. Auch hier waren die Staatsformen
verschiedenartig, auch hier haben wir die Monarchie wie die Republik, wenn auch
viel schwächer ausgeprägt, aber immer galten einzig und allein die
Gutsbesitzer, die Fronherren, als die Herrschenden. Die leibeigenen Bauern
waren von allen politischen Rechten gänzlich ausgeschlossen.
Sowohl unter der Sklaverei wie unter der Leibeigenschaft
kann die Herrschaft einer kleinen Minderheit über die ungeheure Mehrheit der
Menschen des Zwangs nicht entbehren. Die ganze Geschichte ist erfüllt von
unausgesetzten Versuchen der unterdrückten Klassen, die Knechtschaft
abzuschütteln. Die Geschichte der Sklaverei kennt Kriege um die Befreiung von
der Sklaverei, die sich viele Jahrzehnte hinzogen, übrigens ist der Name
„Spartakusleute", den die deutschen Kommunisten jetzt tragen, diese
einzige Partei in Deutschland, die wirklich gegen das Joch des Kapitalismus
kämpft, von diesen gewählt worden, weil Spartakus einer der hervorragendsten
Helden eines der größten Sklavenaufstände vor ungefähr zweitausend Jahren war.
Eine Reihe von Jahren hindurch war das, wie es schien, allmächtige Römische
Reich, das ganz auf der Sklaverei beruhte, Erschütterungen und Schlägen
ausgesetzt durch einen gewaltigen Aufstand von Sklaven, die sich bewaffnet und
unter dem Kommando von Spartakus zu einer riesigen Armee zusammengeschlossen
hatten. Schließlich wurden sie aber geschlagen, ergriffen und von den
Sklavenhaltern grausam gefoltert. Solche Bürgerkriege ziehen sich durch die
ganze Geschichte, seitdem die Klassengesellschaft besteht. Ich habe soeben das
Beispiel des größten dieser Bürgerkriege in der Epoche der Sklaverei angeführt.
In gleicher Weise ist die ganze Epoche der Leibeigenschaft von ständigen
Bauernaufständen erfüllt. In Deutschland beispielsweise nahm im Mittelalter der
Kampf zwischen den beiden Klassen, den Gutsbesitzern und den Leibeigenen, große
Ausmaße an, er schlug um in den Bürgerkrieg der Bauern gegen die Gutsbesitzer.
Sie alle kennen Beispiele ähnlicher wiederholter Aufstände der Bauern gegen die
Gutsbesitzer, die Fronherren, auch in Rußland.
Zur Aufrechterhaltung seiner Herrschaft, zur Behauptung
seiner Macht brauchte der Gutsbesitzer einen Apparat, der eine ungeheure Zahl
von Menschen in seiner Botmäßigkeit hielt, sie bestimmten Gesetzen, Regeln
unterwarf, und alle diese Gesetze liefen im Grunde auf das eine hinaus - die
Macht des Gutsbesitzers über die leibeigenen Bauern aufrechtzuerhalten. Ein solcher
Apparat war denn auch der Leibeigenschaftsstaat, beispielsweise in Rußland oder
in den völlig rückständigen asiatischen Ländern, wo die Leibeigenschaft heute
noch herrscht — der Form nach war er verschieden, war er republikanisch oder
monarchisch. War der Staat monarchisch, so wurde die Herrschaft eines einzelnen
anerkannt; war er republikanisch, so wurde mehr oder minder die Mitwirkung von
Erwählten der Gesellschaft der Gutsbesitzer zugestanden. So war es in der auf
Leibeigenschaft beruhenden Gesellschaft. Sie stellte eine Klassenteilung dar,
in der die ungeheure Mehrheit - die leibeigene Bauernschaft - sich in völliger
Abhängigkeit von einer verschwindenden Minderheit - den Gutsbesitzern - befand,
die den Grund und Boden besaßen.
Die Entwicklung des Handels, die Entwicklung des
Warenaustauschs führte zur Heraushebung einer neuen Klasse, der Kapitalisten.
Das Kapital entstand gegen Ende des Mittelalters, als nach der Entdeckung
Amerikas der Welthandel eine riesige Entwicklung erfuhr, als die Menge der Edelmetalle
zunahm, als Silber und Gold zu Tauschmitteln wurden, als der Geldumlauf die
Möglichkeit bot, ungeheure Reichtümer in den Händen einzelner festzuhalten.
Silber und Gold wurden in der ganzen Welt als Reichtum anerkannt. Die
wirtschaftlichen Kräfte der Klasse der Gutsbesitzer verfielen, und es
entwickelte sich die Kraft einer neuen Klasse - der Vertreter des Kapitals. Die
Umgestaltung der Gesellschaft vollzog sich so, daß nunmehr alle Bürger
sozusagen gleich wurden, die frühere Teilung in Sklavenhalter und Sklaven
fortfiel, alle vor dem Gesetz als gleich galten, unabhängig davon, über welches
Kapital der einzelne verfügt, ob er Grund und Boden als Privateigentum besitzt,
oder ob er ein Habenichts ist, der nichts hat als seine Arbeitshände: alle sind
vor dem Gesetz gleich. Das Gesetz schützt alle in gleicher Weise, schützt das
Eigentum, wenn einer solches besitzt, vor den Anschlägen jener Masse, die kein
Eigentum besitzt und nichts anderes hat als ihre Arbeitshände, die allmählich
verelendet, die ruiniert wird und sich in Proletarier verwandelt. Das ist die
kapitalistische Gesellschaft.
Ich kann darauf nicht ausführlich eingehen. Sie werden auf
diese Frage noch zurückkommen, wenn Sie über das Parteiprogramm sprechen – dort
werden Sie die Charakteristik der kapitalistischen Gesellschaft finden. Als
sich diese Gesellschaft gegen die Leibeigenschaft, gegen das alte
Leibeigenschaftssystem wandte, geschah das unter der Losung der Freiheit. Das
aber war die Freiheit für denjenigen, der über Eigentum verfügt. Als die
Leibeigenschaft zerschlagen war, was Ende des 18., Anfang des 19. Jahrhunderts
der Fall war - in Rußland geschah das später als in anderen Ländern, im Jahre
1861 - , da trat an die Stelle des Leibeigenschaftsstaates der kapitalistische
Staat, der die Freiheit des ganzen Volkes als seine Losung verkündet und
erklärt, er bringe den Willen des ganzen Volkes zum Ausdruck, ein Staat, der
leugnet, daß er ein Klassenstaat ist. Und hier beginnt der Kampf zwischen den
Sozialisten, die für die Freiheit des ganzen Volkes kämpfen, und dem
kapitalistischen Staat, ein Kampf, der jetzt zur Schaffung der sozialistischen
Sowjetrepublik geführt hat und der die ganze Welt erfaßt.
Um den Kampf zu verstehen, der gegen das Weltkapital
begonnen hat, um das Wesen des kapitalistischen Staates zu begreifen, muß man
sich erinnern, daß der kapitalistische Staat den Kampf gegen den
Leibeigenschaftsstaat unter der Losung der Freiheit aufnahm. Die Aufhebung der
Leibeigenschaft bedeutete Freiheit für die Vertreter des kapitalistischen
Staates und leistete ihnen insoweit einen Dienst, als die Leibeigenschaft
zerstört wurde und die Bauern die Möglichkeit erhielten, über den Boden als
unbeschränktes Eigentum zu verfügen, den sie durch Loskauf oder, zu einem Teil,
gegen Zahlung von Fronzinsen erwarben. Das kümmerte den Staat nicht: Er
schützte das Eigentum, in welcher Weise es auch immer entstanden sein mochte,
denn er beruhte auf dem Privateigentum. Die Bauern verwandelten sich in allen
modernen zivilisierten Staaten in Privateigentümer. Der Staat schützte das
Privateigentum auch dort, wo der Gutsbesitzer einen Teil des Landes an den
Bauern abgab, er entschädigte ihn durch den Loskauf, durch den Verkauf für
Geld. Der Staat erklärte gleichsam: Wir werden das volle Privateigentum beibehalten,
und ließ ihm jede Unterstützung und jede Förderung angedeihen. Der Staat
gestand jedem Kaufmann, jedem Industriellen und Fabrikanten dieses Eigentum zu.
Und diese Gesellschaft, die auf dem Privateigentum, auf der Macht 'des
Kapitals, auf der völligen Unterwerfung aller besitzlosen Arbeiter und der
werktätigen Bauernmassen beruht, diese Gesellschaft erklärte, ihre Herrschaft
beruhe auf der Freiheit. Im Kampf gegen die Leibeigenschaft erklärte sie das
Eigentum für frei und war besonders stolz darauf, daß der Staat angeblich auf
gehört habe, ein Klassenstaat zu sein.
Indes blieb der Staat nach wie vor eine Maschine, die den
Kapitalisten hilft, die arme Bauernschaft und die Arbeiterklasse in
Botmäßigkeit zu halten. Äußerlich aber war er frei. Er verkündet das allgemeine
Wahlrecht, erklärt durch den Mund seiner Apologeten und Verfechter, der
Gelehrten und Philosophen, er sei kein Klassenstaat. Sogar gegenwärtig, wo der
Kampf der sozialistischen Sowjetrepubliken gegen ihn begonnen hat, werfen sie
uns vor, wir verletzten die Freiheit, wir errichteten einen Staat, der auf Zwang,
auf Unterdrückung der einen durch die anderen aufgebaut sei, während sie den
Staat des ganzen Volkes, den demokratischen Staat, repräsentierten. Diese Frage
nun, die Frage des Staates, hat jetzt, zu Beginn der sozialistischen Revolution
in der ganzen Welt, und gerade jetzt, während des Sieges der Revolution in
einigen Ländern, wo der Kampf gegen das Weltkapital sich besonders verschärft
hat, die größte Bedeutung gewonnen und ist, kann man sagen, zur brennendsten
Frage, zum Mittelpunkt aller politischen Fragen und aller politischen
Auseinandersetzungen der Gegenwart geworden.
Welche Partei wir auch nehmen, sei es in Rußland oder in
einem beliebigen zivilisierteren Land, fast alle politischen
Auseinandersetzungen, Meinungsverschiedenheiten und Ansichten drehen sich jetzt
um den Begriff des Staates. Ist der Staat in einem kapitalistischen Land, in
einer demokratischen Republik - besonders in einer solchen wie die Schweiz oder
Amerika - , in den freiesten demokratischen Republiken, ist der Staat Ausdruck des
Volkswillens, Zusammenfassung der Entscheidung des ganzen Volkes, Ausdruck des
nationalen Willens usw. - oder aber ist der Staat eine Maschine, die es den
dortigen Kapitalisten ermöglichen soll, ihre Macht über die Arbeiterklasse und
die Bauernschaft aufrechtzuerhalten? Das ist die Grundfrage, um die sich jetzt
in der ganzen Welt die politischen Auseinandersetzungen drehen. Was wird über
den Bolschewismus gesagt? Die bürgerliche Presse schimpft auf die Bolschewiki.
Sie werden keine Zeitung finden, die nicht die landläufige Anschuldigung gegen
die Bolschewiki wiederholte, sie verstießen gegen die Volksherrschaft. Wenn
unsere Menschewiki und Sozialrevolutionäre in der Einfalt ihres Herzens
(vielleicht nicht nur in ihrer Einfalt, oder vielleicht ist das eine Einfalt,
von der man sagt, daß sie schlimmer ist als Dieberei) glauben, sie wären die
Entdecker und Erfinder der gegen die Bolschewiki erhobenen Beschuldigung, sie
verletzten die Freiheit, sie verstießen gegen die Volksherrschaft, so irren sie
sich in der lächerlichsten Weise. Gegenwärtig gibt es unter den reichsten
Zeitungen der reichsten Länder, die viele Millionen für ihre Verbreitung
aufwenden und in vielen Millionen Exemplaren Bürgerliche Lügen und
imperialistische Politik unter die Leute bringen, keine einzige, die diese
Hauptargumente und Anschuldigungen gegen den Bolschewismus nicht wiederholte:
Amerika, England und die Schweiz, das sind fortschrittliche Staaten, die auf
der Herrschaft des Volkes beruhen, die bolschewistische Republik dagegen ist ein
Räuberstaat, er kennt keine Freiheit, und die Bolschewiki verstoßen gegen die
Idee der Volksherrschaft, ja sie sind sogar so weit gegangen, die Konstituante
auseinanderzujagen. Diese schrecklichen Anschuldigungen gegen die Bolschewiki
werden in der ganzen Welt nachgeplappert. Diese Anschuldigungen führen uns
unmittelbar an die Frage heran: Was ist der Staat? Um diese Beschuldigungen zu
verstehen, um sie zu durchschauen, wirklich begründet zu ihnen Stellung zu
nehmen, um nicht nur nach Gerüchten zu urteilen, sondern zu einer festen
Meinung zu gelangen, muß man klar erkennen, was der Staat ist. Wir haben es
hier mit allen erdenklichen kapitalistischen Staaten und all den Lehren zu
ihrer Verteidigung zu tun, wie sie vor dem Krieg entstanden. Um die Frage richtig
zu lösen, muß man allen diesen Lehren und Anschauungen kritisch entgegentreten.
Ich nannte Ihnen schon als Hilfsmittel die Engelssche
Schrift „Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats".
Hier heißt es eben, daß jeder Staat, in dem das Privateigentum am Grund und
Boden und an den Produktionsmitteln besteht, in dem das Kapital herrscht, wie
demokratisch er auch sein mag, ein kapitalistischer Staat ist, eine Maschine in
den Händen der Kapitalisten, um die Arbeiterklasse und die arme Bauernschaft in
Botmäßigkeit zu halten. Das allgemeine Wahlrecht aber, die Konstituierende
Versammlung, das Parlament - das ist nur die Form, eine Art Wechsel, der am
Wesen der Sache nicht das mindeste ändert.
Die Form der Herrschaft des Staates kann verschieden sein:
Das Kapital äußert seine Macht auf die eine Weise dort, wo die eine Form, und
aufeine andere Weise, wo eine andere Form besteht, aber dem Wesen nach bleibt
die Macht in den Händen des Kapitals, gleichviel, ob es ein Zensuswahlrecht
gibt oder ein anderes, ob es sich um eine demokratische Republik handelt; ja,
je demokratischer sie ist, um so brutaler, zynischer ist die Herrschaft des
Kapitalismus. Eine der demokratischsten Republiken der Welt sind die
Vereinigten Staaten von Nordamerika, und nirgends äußert sich so wie in diesem
Lande (wer dort nach 1905 gewesen ist, hat sicherlich eine Vorstellung davon) —
nirgends äußert sich die Macht des Kapitals, die Macht eines Häufleins von
Milliardären über die ganze Gesellschaft so brutal, ist sie mit so unverhüllter
Bestechung verbunden wie gerade in Amerika. Das Kapital, ist es einmal da,
herrscht über die ganze Gesellschaft, und keinerlei demokratische Republik,
keinerlei Wahlrecht ändern etwas am Wesen der Sache.
Die demokratische Republik und das allgemeine Wahlrecht
waren im Vergleich mit dem Leibeigenschaftssystem ein gewaltiger Fortschritt:
Sie gaben dem Proletariat die Möglichkeit, jene Vereinigung, jene
Geschlossenheit zu erreichen, die es jetzt aufzuweisen hat, jene
wohlorganisierten, disziplinierten Reihen zu bilden, die den systematischen
Kampf gegen das Kapital führen. Nichts auch nur annähernd Gleiches gab es bei
den leibeigenen Bauern, von den Sklaven ganz zu schweigen. Die Sklaven, wie wir
wissen, erhoben sich, meuterten, begannen Bürgerkriege, aber niemals konnten
sie eine zielbewußte Mehrheit, den Kampf leitende Parteien schaffen, niemals
vermochten sie klar zu erkennen, welchem Ziel sie zustreben, und selbst in den
revolutionärsten Augenblicken der Geschichte blieben sie stets Schachfiguren in
den Händen der herrschenden Klassen. Die bürgerliche Republik, das Parlament,
das allgemeine Wahlrecht — all das stellt vom Standpunkt der
weltgeschichtlichen Entwicklung der Gesellschaft einen riesigen Fortschritt
dar. Die Menschheit entwickelte sich zum Kapitalismus, und erst der
Kapitalismus gab, dank der städtischen Kultur, der unterdrückten Klasse der
Proletarier die Möglichkeit, sich ihrer selbst bewußt zu werden und jene
internationale Arbeiterbewegung zu schaffen, jene Millionen der in der ganzen
Welt in Parteien organisierten Arbeiter, jene sozialistischen Parteien, die
bewußt den Kampf der Massen leiten. Ohne Parlamentarismus, ohne Wahlrecht wäre
diese Entwicklung der Arbeiterklasse unmöglich gewesen. Darum hat das alles in
den Augen der breitesten Massen der Menschen so große Bedeutung erlangt. Darum
scheint der Umschwung so schwierig. Nicht nur bewußte Heuchler, Gelehrte und
Pfaffen unterstützen und verteidigen die bürgerliche Lüge, daß der Staat frei
und berufen sei, die Interessen aller zu vertreten, sondern auch Massen von
Menschen, die ganz aufrichtig an den alten Vorurteilen festhalten und den
Übergang von der alten, kapitalistischen Gesellschaft zum Sozialismus nicht
begreifen können. Nicht nur Leute, die direkt von der Bourgeoisie abhängig
sind, nicht nur diejenigen, die unter dem Druck des Kapitals stehen oder von
diesem Kapital bestochen sind (im Dienst des Kapitals steht eine Menge aller
möglichen Gelehrten, Künstler, Pfaffen usw.), sondern auch Leute, die einfach
dem Einfluß solcher Vorurteile wie der bürgerlichen Freiheit unterliegen, sie
alle sind in der ganzen Welt gegen den Bolschewismus zu Felde gezogen, weil die
Sowjetrepublik bei ihrer Gründung diese bürgerliche Lüge beiseite geworfen und
offen erklärt hat: Ihr nennt euren Staat frei, in. Wirklichkeit aber ist euer
Staat, solange das Privateigentum besteht, und sei er auch eine demokratische
Republik, nichts anderes als eine Maschine in den Händen der Kapitalisten zur
Unterdrückung der Arbeiter, und je freier der Staat ist, umso deutlicher kommt
das zum Ausdruck. Ein Beispiel dafür sind in Europa die Schweiz, in Amerika die
Vereinigten Staaten. Nirgends herrscht das Kapital so zynisch und
rücksichtslos, und nirgends kann man das mit solcher Klarheit sehen wie gerade
in diesen Ländern - obwohl das demokratische Republiken sind - , wie prächtig
ihre Fassade auch ausgemalt sein mag, wieviel man auch von der
Arbeitsdemokratie, von der Gleichheit aller Bürger reden mag. In Wirklichkeit
herrscht in der Schweiz und in Amerika das Kapital, und alle Versuche der
Arbeiter, eine einigermaßen ernsthafte Verbesserung ihrer Lage zu erreichen,
werden sofort mit dem Bürgerkrieg beantwortet. In diesen Ländern gibt es
weniger Soldaten, ein kleineres stehendes Heer - in der Schweiz gibt es eine
Miliz, und jeder Schweizer hat ein Gewehr zu Hause, in Amerika gab es bis in
die letzte Zeit hinein kein stehendes Heer -, wenn also ein Streik ausbricht,
so bewaffnet sich die Bourgeoisie, stellt Söldlinge ein und schlägt den Streik
nieder, und nirgends wird dabei die Arbeiterbewegung so schonungslos brutal
unterdrückt wie in der Schweiz und in Amerika, nirgends macht sich im Parlament
der Einfluß des Kapitals so stark geltend wie gerade hier. Die Macht des
Kapitals ist alles, die Börse ist alles, das Parlament, die Wahlen, das sind
Marionetten, Drahtpuppen . . . Aber je länger, desto mehr gehen den Arbeitern
die Augen auf, desto weiter breitet sich der Gedanke der Sowjetmacht aus –
besonders nach dem blutigen Gemetzel, das wir eben erst durchgemacht haben. Immer
klarer wird für die Arbeiterklasse die Notwendigkeit des schonungslosen Kampfes
gegen die Kapitalisten.
In welche Formen immer die Republik sich hüllt, mag sie die
allerdemokratischste Republik sein, wenn sie jedoch eine bürgerliche Republik
ist, wenn in ihr das Privateigentum am Grund und Boden, an den Fabriken und
Werken bestehengeblieben ist und das Privatkapital die ganze Gesellschaft in
Lohnsklaverei hält, d. h., wenn in ihr nicht das durchgeführt wird, was das
Programm unserer Partei und die Sowjetverfassung verkünden, dann ist dieser
Staat eine Maschine, um die einen durch die anderen zu unterdrücken. Und diese
Maschine legen wir in die Hände der Klasse, die die Macht des Kapitals stürzen
soll. Wir werden all die alten Vorurteile, daß der Staat allgemeine Gleichheit
bedeute, über Bord werfen. Das ist ein Betrug: solange es Ausbeutung gibt, kann
es keine Gleichheit geben. Der Gutsbesitzer kann dem Arbeiter nicht gleich
sein, der Hungrige nicht dem Satten. Die Maschine, die Staat genannt wurde,
angesichts derer die Menschen in abergläubischer Verehrung haltmachen und den
alten Märchen glauben, daß sie die Macht des ganzen Volkes verkörpere - diese
Maschine wirft das Proletariat beiseite und erklärt: Das ist eine bürgerliche
Lüge. Wir haben diese Maschine den Kapitalisten genommen, haben sie an uns
gebracht. Mit dieser Maschine oder diesem Knüttel werden wir jede Ausbeutung
ausmerzen, und wenn auf der Welt keine Möglichkeit zur Ausbeutung mehr
geblieben ist, wenn es keine Grundbesitzer, keine Fabrikbesitzer mehr gibt,
wenn es nicht mehr so sein wird, daß die einen schlemmen, während die anderen
hungern – erst dann, wenn dafür keine Möglichkeiten mehr bestehen, erst dann
werden wir diese Maschine zum alten Eisen werfen. Dann wird es keinen Staat,
wird es keine Ausbeutung mehr geben. Das ist der Standpunkt unserer
Kommunistischen Partei. Ich hoffe, daß wir in den folgenden Vorlesungen auf
diese Frage zurückkommen werden, und zwar des öfteren.