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Katharina J.
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o vor 2 Tagen
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Ermordung von
Ismail Hanija: Warum setzt Israel auf Eskalation?
Am 30. Juli wurde der Hamas-Führer Ismail
Hanija in der iranischen Hauptstadt Teheran durch Luftangriffe ermordet. Hanija
war der wichtigste Verhandler auf palästinensischer Seite für weitere
Geiselfreilassungen. Das zionistische Israel setzt, trotz massiv steigenden
Drucks durch die eigene Bevölkerung und eine zunehmende internationale
Isolierung, weiter auf massive Eskalation, die die gesamte Region direkt in den
Krieg hineinziehen könnte.
Führt die
Ermordung Hanijas zum Krieg mit dem Iran?
Der politische Anführer der Hamas und
damit der wichtigste Führer der palästinensischen Organisation, wurde
vermutlich durch Marschflugkörper des zionistischen israelischen Staates
ermordet. Dass sich Hanija zu diesem Augenblick in einer Residenz der iranischen
Revolutionsgarden in Teheran aufhielt, die Ermordung also auf iranischem
Staatsgebiet durchgeführt wurde, ist eine zusätzliche Provokation Israels. In
vielen Teilen der Welt, insbesondere in den arabischen Ländern, gab es
massenhafte Demonstrationen nach der Ermordung. Nur wenige Stunden vor der
Tötung des Hamas-Anführers wurde bei einem israelischen Luftangriff auf einen
Vorort der libanesischen Hauptstadt Beirut ein ranghoher Kommandeur der
Hisbollah getötet. Das völkermörderische Israel setzt auf Eskalation, die nun
unmittelbar dazu führen könnte, dass sich der Iran aktiv am Krieg beteiligt –
das schreiben zumindest die „westlichen“ bürgerlichen Medien. Laut deren
Berichterstattung könnte jeder Tag der iranische Gegenschlag auf Israel folgen
und diesmal auch mit zivilen Zielen. Vertreter Israels haben über den
israelischen Fernsehsender Channel 12 bereits ausrichten lassen,
sie wären bereit „in einen allumfassenden Krieg einzutreten“ (1)
Israel habe auch bereits Pläne für eine Bodenoffensive gegen die Hisbollah im
Libanon ausgearbeitet. (2) Die USA entsendete nun die Flugzeugträger-Gruppe USS
Abraham Lincoln, zusätzliche zur Raketenabwehr ausgerüstete Marineschiffe, das
mit Atomantrieb ausgestattete U-Boot „USS Georgia“ (3), sowie ein weiteres
Kampfjet-Geschwader in die Region. Die USA, während sie ihre militärische
Bereitschaft zur Unterstützung ausweiten, mahnen Israel die Verhandlungen für
eine Waffenruhe fortzusetzen. Eine Ausweitung des Krieges, oder ein offener
Krieg gegen den Iran liegt derzeit nicht im Interesse der USA, da zu viele
Kriegsfronten die sich im Niedergang befindende US-Hegemonie weiter zersetzen
könnte. Der Iran setzt seit Monaten, trotz zahlreicher Provokationen Israels,
nicht auf Eskalation. Vor dem 7. Oktober 2023 bemühte sich die iranische
Führung sogar um die Verbesserung der diplomatischen Beziehungen mit Israel.
Obwohl der Iran durchaus die Potenz hätte einen Krieg gegen Israel zu führen,
wäre der US-amerikanischen Schutzmacht Israels nur mit massiver Unterstützung
durch Russland oder China zu begegnen. Als wichtigste imperialistische
Unterstützer des Iran, als auch als wichtigste Wirtschaftspartner des Iran,
haben auch Russland und China wenig Interesse an einer direkten
Kriegsbeteiligung des Iran, oder einer Ausweitung des Krieges auf die
Nachbarländer. Russland ist hauptsächlich mit dem Krieg in der Ukraine
beschäftigt und China verfolgt innerhalb der internationalen Ebene noch
hauptsächlich das Ziel seine regionale Hegemonie zu befestigen. Ohne die
Unterstützung von China und/oder Russland wird der Iran höchstwahrscheinlich
nicht selbst direkt in den Krieg einsteigen. Die Wahrscheinlichkeit eines
iranischen Vergeltungsschlages ist aber durchaus realistisch, mit dem Ziel
Israels Provokationen in die Schranken zu weisen. Allein die israelische
Führung setzt derzeit weiterhin auf Eskalation.
Warum setzt
Israel auf Eskalation?
Mit der Ermordung Hanijas hat Israel noch
mehr den Hass der Palästinenser auf sich gezogen und sich auf internationaler
Ebene weiter isoliert. In den bürgerlichem Medien (auch russischen, wie RT)
wird immer wieder die These verbreitet, dass Israels Premier Netanjahu und
seine Gefolgsleute deshalb an einer Weiterführung des Krieges und einer
Eskalation festhalten, weil sie Angst davor hätten ohne Kriegszustand nicht nur
„weg“ vom politischen Fenster zu sein, sondern Netanjahu persönlich müsste
darüber hinaus auch noch eine Haftstrafe abbüßen. Ihm drohen bis zu zehn Jahre
Haft wegen Korruption und drei Jahre wegen Betrugs und Untreue. (5) Das mag
vielleicht ein gewisser persönlicher Antrieb für Benjamin Netanjahu sein, aber
mit Sicherheit ist das nicht der schlussendliche Grund, warum die israelische
Armee, welche das höchste weltweite Verteidigungsbudget pro Kopf aufweist (6),
solch riskante Operationen durchführen oder einen auch für sie verlustreichen
Krieg am Laufen halten. Im April dieses Jahres wurde offiziell von 600
getöteten israelischen Soldaten in Gaza gesprochen. Offensichtlich wird das
nicht „nur“ für das persönliche Schicksal von „Bibi“ Netanjahu in Kauf
genommen. Für die zionistische und völkermörderische Führung des israelischen
Staates geht es um weit mehr als um die „eigene Haut“, sondern vor allem um den
Erhalt der Zuwendung ihres „Schirmherren“ und Finanziers: der USA. Denn während
sie sich zwar auf der „internationalen Bühne“ mit jeder weiteren Eskalation nur
noch mehr isolieren, zwingen sie die USA ihre Präsenz und Unterstützung nicht
nur aufrechtzuerhalten, sondern auch auszuweiten – was die Ermordung Hanijas
eindrücklich demonstrierte. Mit dem Angriff Russlands auf die Ukraine und der
damit massiven Ausweitung des Ukraine-Kriegs, haben die USA ihren direkten
Einfluss und auch ihre Investitionen für das osteuropäische Land enorm
gesteigert – Geld um das sich die israelische Führung betrogen sieht. Aufgrund
der US-imperialistischen Interessen in der Hochrüstung der Ukraine, als Teil
ihres Ziels zur Einkreisung Russlands, fürchtet Israel um weniger Zuwendungen
durch seinen imperialistischen Schirmherrn. Man muss nur daran erinnern, dass im
Jahr 2016 das bisher größte Militärhilfepaket der USA seit dem Zweiten
Weltkrieg, ganze 38 Milliarden Dollar, für Israel geschnürt wurde. Zwischen
Jänner 2022 und April 2024 finanzierte die USA die Ukraine mit rund 100
Milliarden Euro, davon etwa 65 Milliarden in Form militärischer Unterstützung.
(7) Innerhalb dieser Situation hat der israelische Apartheidstaat, um nicht auf
Kosten des Ukraine-Kriegs geschwächt zu werden, massives Interesse die USA mehr
oder weniger dazu zu zwingen, keine rückläufige Unterstützung zu zeigen. Die
israelische Führung hat also ein Interesse daran durch Eskalation eine
Situation zu erzeugen, die es für die USA nicht möglich macht Militär- und
Finanzlieferungen einzustellen bzw. zu reduzieren. Das wollen sie offenbar um
jeden Preis verhindern, selbst wenn sich der Krieg auf andere Staaten in
Vorderasien ausweitet.
Diese Situation bringt auch die USA noch
weiter unter Druck. Natürlich hat es keine „humanitären“ Gründe, warum die USA
seit Monaten Israel immer wieder damit droht Militärlieferungen auszusetzen –
dass der US-Imperialismus mit zivilen Opfern kein Problem hat, wenn es nur
seinen Interessen dient, haben schon Korea, Vietnam, Irak, Afghanistan, Jemen,
etc… gezeigt. Die Gründe für diese „Drohungen“ sind einerseits der zunehmende
Druck auf die US-Bourgeoisie sowohl im Inneren als auch international und
andererseits kann es sich die USA immer schwerer leisten mehrere Kriegsherde
auf einmal zu bedienen. Das ist die Dialektik: Obwohl die USA keine
unmittelbaren Interessen daran hat, dass sich der Krieg in Vorderasien
verschärft, müssen sie sich bei immer weiterer Eskalation durch Israel noch
stärker involvieren, um ihren Einfluss in der Region aufrechtzuerhalten. Das
sind die Widersprüche in denen sich die Herrschenden Israels und der
US-Imperialismus befinden und sie demonstrieren vortrefflich wie die
Reaktionäre, wenn sie versuchen einer Krise zu begegnen, nur eine weitere, noch
viel größere vorbereiten – und damit ihren eigenen Untergang. Für die Völker
der Welt ist es von Interesse sich gegen die Kriegstreiber und Völkermörder zu
stellen, die Solidarität mit dem nationalen Befreiungskampf der Palästinenser
und gegen das zionistische Israel voranzutreiben und den Imperialismus als
unterdrückerisches und ausbeuterisches Weltsystem zu bekämpfen.
(1) fr.de
(2) kleinezeitung.at
(3) tagesschau.de
(4) fr.de
(5) diepresse.com
(6) statista.com
Bildquelle: Exercise of Izz ad-Din al-Qassam
Brigades in Gaza City by Hadi Mohammad, CC BY 4.0