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Katharina J.
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13. Juni
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6 Min. Lesezeit
EU-Wahl: Eine Absage an den
politischen Kurs der Herrschenden
Am Sonntag den 9. Juni ging die EU-Wahl in Österreich
über die Bühne. Selten zuvor wurde so stark die Werbetrommel für eine EU-Wahl
geschlagen – sie wurde als allesentscheidende „Richtungswahl“ präsentiert. Die
großen Verlierer dieser Wahl sind die Regierungsparteien ÖVP und Grüne, aber
auch die SPÖ, auf deren „Neubeginn“ unter Babler schon seit einem Jahr gewartet
wird. Abgestraft wurden jedoch weniger die Parteien an sich - das auch -
sondern vielmehr der politische Kurs der Herrschenden: Aufrüstung, Kriegstreiberei
und soziale Verschlechterung.
ÖVP und Grüne:
Regierung in politischer Krise.
Die ÖVP fuhr mit rund minus 10 Prozent ihr
schlechtestes Wahlergebnis bei einer EU-Wahl ein. Im Vergleich zur EU-Wahl 2019
verloren sie rund 450.000 Wählerstimmen – in realen Zahlen gemessen verloren
sie ein Dritten der Stimmen von 2019. Dass sie trotzdem wegen des „zweiten
Platzes“ in Feierlaune waren, ist hauptsächlich als Trauerspiel zu werten. Die
ÖVP repräsentiert wie keine andere Partei die Entwicklungen der letzten Jahre:
Corona-Maßnahmen-Politik, Aushöhlung der Neutralität und Aufrüstung,
Teuerungen, sowie Demokratie- und Sozialabbau. Angesichts der ökonomischen und
politischen Lage kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich dieser Kurs
wesentlich ändert, sondern zum Teil auch noch verschärft werden wird. Bei der
EU Wahl 2019 war die ÖVP unter Kurz bei 34,55 Prozent und feierte auch national
Erfolge. Das Ergebnis dieser EU Wahl zeigt, dass sie es überhaupt nicht
schaffte auch nur einen Teil der in dieser Zeit erworbenen Wählerbasis zu
stabilisieren – im Gegenteil: sie schnitt 2024 noch schlechter ab als bei der
Wahl 2014.
Die Grünen sind nicht nur Teil einer der Mehrheit
zunehmend verhassten Regierung, sondern haben – was die Causa Schilling zeigte
– auch interne Widersprüche und Kämpfe. So kam es, dass die Spitzenkandidatin
Schilling nun zurückgereiht werden musste, weil der seltene Fall eingetreten
ist, dass der zweitgereihte Kandidat Waitz zehntausende Vorzugstimmen erhielt
und damit die Delegationsleitung übernimmt.
SPÖ verliert
fast 100.000 Stimmen
Nach über einem Jahr, dass die SPÖ unter Babler einen
„neuen Kurs“ und einen „sozialdemokratischen Neubeginn“ angekündigt hat, warten
die Parteispitzen bis heute. Das Ergebnis der EU-Wahl hat gezeigt, dass es nur
mehr vom Alten war und die Krise der Sozialdemokratie weiter andauert. Obwohl
die SPÖ in Prozentpunkte nur knappe 0,7 Prozent im Vergleich zur EU-Wahl
2019 verloren hat, waren es in realen Wählerstimmen 85.000 weniger. Im
Vergleich zur letzten Nationalratswahl hat die SPÖ 300.000 Stimmen weniger
erhalten. Wie in zahlreichen Wahlen vorher zeigt sich, dass ein großer Teil der
Bevölkerung die Lügen der Sozialdemokratie, dass sie für „soziale
Gerechtigkeit“, „Neutralität“ und „Arbeiterrechte“ wäre, nicht mehr glaubt –
und das zu Recht. Die SPÖ ist eine Partei des Kapitals und auch kein „roter“
oder „marxistischer“ Anstrich wird daran etwas ändern! Dass die FPÖ gerade
damit das „Dreierrennen“ um den Kanzler begonnen hat, Babler als „Bolschewiken“
und „Marxisten“ hinzustellen, zeigt nur das billige politische Kleingeld: Denn
Babler ist offensichtlich ganz vorne dabei, wenn es darum geht für Macht und
Erfolg zum Kriegsunterstützer und Vertreter der kapitalistischen
Monopolinteressen zu werden! Das Ergebnis der EU-Wahl deutet darauf hin, dass
sich Krise der Sozialdemokratie noch weiter verschärfen wird, und erst ein
kleiner Vorgeschmack für die Nationalratswahl im Herbst war.
FPÖ als
„Schreckgespenst“ der Eliten?
Sieht man sich die letzten Jahre an, so könnte man
meinen, dass SPÖ und Grüne (und teilweise auch die ÖVP) die besten
Wahlkampfhelfer für die FPÖ sind. Das „Schreckgespenst“ eines „Rechtsrucks“ hat
mit Sicherheit dazu beigetragen, dass sich die FPÖ als „Partei der Veränderung“
und „EU-Gegner“ in Szene setzen konnte. Dass die FPÖ nicht das
„Schreckgespenst“ der „Eliten“ ist, hat auch dieses Wahlergebnis bestätigt,
denn die FPÖ ist tatsächlich eine sehr wichtige Kraft für das Kapital zur
Legitimation der EU (auch bei aller Kritik!) und der EU-Wahl als vermeintliche
Möglichkeit der „demokratischen Mitbestimmung“ und „Gestaltung“. Die FPÖ war
die einzige Kraft bei dieser Wahl, die in relevantem Ausmaß ehemalige
EU-Nichtwähler zur Wahl bringen konnte – 100.000 die bei der EU-Wahl 2019 nicht
wählen gegangen sind, wurden durch die FPÖ zu diesem Spektakel mobilisiert. Die
FPÖ ist also eine wichtige Partei für die Herrschenden, um auch die
frustrierten und Kritik übenden Massen „bei der Stange“ zu halten und einzubinden.
Auch die FPÖ vertritt eine Fraktion der Herrschenden, auch wenn es wohl jene
Fraktion ist, die der EU am kritischsten gegenübersteht. In diesem Zusammenhang
muss jedoch auch erwähnt werden, dass die FPÖ viele ihrer Wähler enttäuschen
wird, weil sie sich in den allgemeinen EU-Kurs, wenn auch mit anderer Note und
anderen Akzenten, genauso in vielen Punkten einfügen wird. Eine Tendenz, dass
auch „Rechtsparteien“ zunehmend „salonfähig“ werden, zeigt sich bei der
italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni und dem französischen
Rassemblement National (RN) unter Le Pen. Unterstützt beispielsweise Meloni
schon seit Längerem die militärische Unterstützung der EU für die Ukraine, so
ist es erst eine jüngste Entwicklung, dass sich Le Pen von früheren Haltungen
entfernt. Vor der EU Wahl rückte sie von der Forderung eines EU-Austritts ab
und die RN stampfte auch, vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs, ihre
langjährige Forderung eines Rückzugs Frankreichs aus der Kommandostruktur der
NATO vorläufig ein.
Auch die Zahl des Mobilisierungspotenzials der FPÖ von
Nichtwählern muss differenziert betrachtet werden. Denn während sie im
Vergleich zur EU-Wahl 2019 100.000 Nichtwähler an die Wahlurne brachte,
„verlor“ sie im Vergleich zur letzten Nationalratswahl 234.000 Stimmen wiederum
an die Nichtwähler. In Zahlen war nicht die FPÖ die stärkste Kraft bei der EU
Wahl, sondern die insgesamt rund 2,9 Millionen Nichtwähler, was mehr als
dreimal so viele sind wie die FPÖ an Stimmen bekam.
Nichtwähler als
stärkste „Partei“
Dass trotz allem die „Mehrheit“ positiv zur EU stünde
und die EU-Wahl als „wichtige demokratische Entscheidungsmöglichkeit“
betrachtet, kann also bei Weitem nicht behauptet werden. Rechnet man alle
Wählerstimmen von ÖVP, SPÖ und FPÖ zusammen, so ergibt das rund 2,6 Millionen,
was noch immer unter der Anzahl der Nichtwählern liegt.
Dass nicht wählen zu gehen an sich eine Veränderung im
Sinne der unterdrückten und ausgebeuteten Teile der Bevölkerung bringen würde,
stimmt natürlich nicht. Es ist jedoch ein wichtiges Indiz dafür, inwiefern
dieser angeblich „demokratische Prozess“ auch von der Bevölkerung als solcher
gesehen wird. Und in diesem Sinne sprechen diese Zahlen Bände. Sieht man sich
zum Beispiel Kroatien an, das eine Wahlbeteiligung von 21,3 Prozent (!) hatte
(oder auch Bulgarien mit 31,8 Prozent), ist es nur mit Hilfe von Lügen zu
argumentieren, dass so ein Wahlergebnis repräsentativ für den „Willen“ der
Bevölkerung stünde. Wahlen mit einer derartig niedrigen Beteiligung, wie sie
bei den EU-Wahlen als „normal“ gilt, sind nur ein weiterer Beweis dafür, dass
diese Art von „Demokratie“ nur für einige wenige, für die Herrschenden, als
Spielwiese gegen die Bevölkerungen taugt.
KPÖ: Partei der
treuen EU-Gefolgschaft?
Die KPÖ hat mit rund drei Prozent (100.000 Stimmen)
ein für sie tatsächlich beachtliches Ergebnis bei einer EU-Wahl erzielt.
Beachtlich ist jedoch auch, dass sie ihre Wahlerfolge auf lokaler Ebene fast
gar nicht für die EU-Wahl nutzen konnte. So war die KPÖ bei der letzten
Gemeinderatswahl 2021 in Graz mit 28,8 Prozent die stärkste Kraft, bei der
EU-Wahl hingegen wählten nur 6,8 Prozent die KPÖ. Ebenso in Salzburg: Während
die KPÖ bei der Gemeinderatswahl 2024 mit 23,12 Prozent zweitstärkste Partei
war, bekam sie bei der EU-Wahl in der Stadt Salzburg lediglich 6,2 Prozent der
Wählerstimmen. Das zeigt auf der einen Seite, dass sie vor allem auf lokaler
Ebene gewählt wird, auf der anderen Seite auch, dass die Wahlergebnisse in den
Bundesländern nicht einfach auf die nationale (oder auch EU) Ebene umgelegt
werden können.
Auf lokaler Ebene kann sich die KPÖ vor allem mit der
Mietpreisfrage offenbar eher als „Oppositionspartei“ präsentieren. Auf EU-Ebene
geht die KPÖ in den wesentlichsten Fragen mit dem hauptsächlichen Kurs der
Imperialisten mit und die wichtigsten Parteivertreter präsentieren sich als
streichelweich und beliebig: sei es in der Aufrüstungs- und Kriegsfrage, in der
Ukraine-Politik, in der Frage von Demokratie- und Sozialabbau,… So wundert es
auch nicht, dass es nur die KPÖ war, deren Wähler in einer Umfrage bei
folgender Aussage „Österreich soll aus der EU austreten“ zu null
Prozent (!) zustimmten, während selbst bei den Grün-Wählern fünf Prozent dieser
Meinung waren. (1)
EU-Wahlboykott:
Keine Stimme den Kriegstreibern!
Im Vorfeld der EU-Wahl gab es zahlreiche Aktionen zum
„aktiven Boykott“ der Wahl, in Österreich insbesondere durch die „Aktion für
demokratische Rechte des Volkes“ [Link] (ADRV), die
unter der Losung „Keine Stimme den Kriegstreibern“ für den Zusammenschluss der
Bevölkerung aufgerufen hat. Eng verbunden mit der Palästinasolidaritätsbewegung
wurden Plakate verbreitet und Flugblätter verteilt. An dieser Stelle möchten
wir aus dem Aufruf zitieren: „Gesprochen wird von ‚Friedensunion,
Gerechtigkeit und Solidarität‘ – doch die EU steht genau für das Gegenteil. Wir
rufen zum Boykott der EU-Wahl auf, aber nicht zur Passivität, noch dazu, still
zu sitzen oder zu schweigen. Gerade in Verteidigung der demokratischen und
sozialen Rechte rufen wir zum Zusammenschluss auf: Geht nicht wählen, sondern
wehrt euch und kämpft!“ Dieser Aufruf ist auch nach der Wahl noch
ebenso aktuell!
(1) orf.at, Wahlverhalten zur EU-Wahl